An der belgischen Nordseeküste reiten Fischer auf kräftigen Pferden durchs Meer. Sie ziehen ihre Netze über die Sandbänke und fangen so Garnelen.
Heute gibt es nur noch 14 berittene Krabbenfischer. Seit Dezember 2013 steht das ungewöhnliche Handwerk unter dem Schutz der UNESCO.
Es ist schon ein ziemlich kurioser Anblick: Ein Pferd wird bis über den Bauch von den schäumenden Wellen umspült, dem Reiter schwappt das Wasser fast in die Stiefel.
Er trägt leuchtend gelbes Ölzeug und einen Südwester auf dem Kopf. Die Kleidung schützt ihn vor dem stürmischen Meer. Das Pferd geht mit sicherem Schritt durchs Wasser und schleift ein acht Meter breites Netz über die Sandbank. Darin sollen sich Garnelen verfangen, sie werden an der belgischen Küste einfach Krabben genannt.
Die “Paardenvissers”, wie sie auf Flämisch genannt werden, trainieren ihre kräftigen Brabanter Kaltblüter bis zu einem Jahr. Erst dann können sie sich auf ihre Reittiere hundertprozentig verlassen.
Einer der “alten Hasen” unter den Krabbenfischern ist Johan Casier, er hat die Fischerei vor 15 Jahren von seinem Vater übernommen. Garnelenfischer geben ihr Wissen in der Familie weiter, die Tradition lässt sich bis 1502 zurückverfolgen.
Früher war das Krabbenfischen hoch zu Ross auch in Frankreich und England verbreitet. Heute gehen nur noch 14 berittene Fischer in Belgien auf Krabbenjagd.
Für Johan und die anderen ist die Fischerei nur noch Liebhaberei, ihren Lebensunterhalt verdienen sie mit anderer Arbeit. Johan genießt die Ruhe, draußen vor der Küste. Pferd, Reiter und das Meer bilden dann eine Einheit.
In den Sommermonaten starten die Krabbenfischer ihre Tour in Oostduinkerke. Am Astridplein, mitten im Ort, sammeln sich die Pferdewagen, bevor sie zum Strand weiterziehen.
Am Strand von Oostduinkerke wurde den Paardenvissers ein Denkmal gesetzt. Seit Dezember 2013 steht das Krabbenfischen mit Pferden auf die Liste des immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO.
Die Pferde ziehen die Wagen am Denkmal vorbei. Auch Frauen sind beim Fischen mit dabei, aber die berittene Krabbenjagd ist den Männern vorbehalten. Sie müssen zu Fuß durch das stürmische Meer waten und mit großen Netzen den Sand nach Garnelen durchkämmen.
Die Arbeit ist mühsamer als am Rücken eines stämmigen Pferdes. Früher mussten die Frauen immer dann diese Arbeit erledigen, wenn ihre Männer längere Zeit mit Fischerbooten aufs Meer hinaus fuhren.
Während die Frauen bereits hüfttief zwischen den schäumenden Wellen waten bereiten die Männer ihre Pferde für den Ritt im Wasser vor. Mit 16 Jahren ist Thomas Vanmassenhove der jüngste Pferdefischer.
Sein Brabanter Kaltblut steht ruhig am Strand währen er die Körbe auf den Holzsattel spannt. Dann hängt er das Netz ein und schwingt sich in den Sattel.
Mit sicherem Schritt zieht das Pferd das Netz hinter sich her und steuert auf das offene Meer hinaus. Erst umspülen die Wellen nur die Hufe, bald steht das Pferd bis zum Bauch im Wasser.
Pferd und Reiter trotzen den Wellen und dem Wind. Thomas kneift die Augen zusammen, immer wieder spritzt ihm Wasser ins Gesicht. Auch ohne Steigbügel sitzt er fest im Sattel.
Drei Stunden ist ein Krabbenfischer mit dem Pferd im Meer, nur bei Ebbe kann er die Garnelen auf der Sandbank erreichen.
Seemöwen folgen Thomas, als er wieder an den Strand zurückkehrt. Sie schnappen sich die kleinen Tiere, die er mit dem Netz vom Meeresboden aufwirbelt. Am Strand sortiert Thomas den Fang durch ständiges Rütteln auf einem Gitterrost. Er hat keinen Rekordfang erwartet.
Die Sommermonate, wenn die Urlaubsgäste das Spektakel beobachten, sind keine gute Krabbenfang-Saison. Die beste Zeit fürs Garnelenfischen ist zwischen Mitte September und dem ersten Frost Anfang Dezember. Dann sind Rekordfänge von 40 bis 50 Kilo möglich.
Genauso wie die Krabbenfischer am Boot müssen die Paardenvissers die Shrimps in Salzwasser kochen. Erst dann bekommen sie ihre typisch orange Farbe und sind genießbar. Der kommerzielle Krabbenfang lohnt schon lange nicht mehr, der Fang wird nur noch unter Freunden aufgeteilt. Und in den Sommermonaten dürfen sich die Gäste am Strand von Oostduinkerke über eine kleine Kostprobe freuen.
4 Tipps für die Krabbenfischer in Oostduinkerke:
- Oostduinkerke liegt an der Nordseeküste Flanderns (Belgien), ca. 130 Kilometer von Brüssel entfernt.
- Die berittenen Krabbenfischer können in Oostduinkerke am Astridplein und am Strand von April bis September beobachtet werden.
- Alle Termine findest Du während der Krabbenfisch-Saison direkt auf der Homepage des Tourismusverbands Koksijde-Oostduinkerke.
- Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kannst Du ganz einfach mit der Kusttram (Straßenbahn) bis ins Stadtzentrum anreisen. Haltestelle: Oostduinkerke-Bad, tagsüber 15-Minuten-Takt.
Dankeschön an Flandern Tourismus in Wien für die Einladung zur individuellen Pressereise an die Küste Flanderns. Wie immer bleibt meine Meinung in der Berichterstattung davon unberührt.
Mit diesem Beitrag habe ich beim Flandern Blog Award 2015 den 3. Preis gewonnen!
tonari says
Traumhaft schöne Bilder hast Du uns da mitgebracht.
Ich lerne, welch harter Job es ist, ein Krabbenfischer zu sein.
Alex says
Fischer habe ich an der belgischen Küste schon erlebt, Pferde am Strand auch… aber die Kombi ist mir neu. War allerdings auch noch nie in Oostduinkerke. Und obwohl der Artikel mit Wasser zu tun hat, habe ich mich nicht gefürchtet diesen aufzurufen! :D
Andersreisender says
– Tonari: Vielen Dank! Ja, ich glaube, der Job des Krabbenfischers ist wirklich hart. Egal ob am Pferd oder am Boot. ;-)
– Alex: Jetzt fällt mir erst auf, wie oft ich eigentlich Beiträge mit dem Thema Wasser habe. Ojegerl… ich fürchte da kommt noch mehr. Demnächst geht’s nämlich wieder um das Thema Tauchen. ;-)
Myriam says
Hallo,
das ist echt ein interessanter Beitrag. Ich wusste gar nicht, dass so früher Krabben gefischt wurden. Eigentlich schade, dass viele traditionelle Berufe heute nahezu ausgestorben sind bzw. nur noch als Hobby betrieben werden.
LG Myriam
A+K Weltenbummler says
Ein sehr interessanter und guter Beitrag, dazu wunderschöne Bilder. Wirklich gelungen.
Siggi says
ein hochspannender Artikel mit schönen Bildern, jetzt weiss man die Krabbe erst richtig zu schätzen.
Muss ich mir unbedingt mal vor Ort anschauen gehen.
Andersreisender says
Dankeschön Euch alle für das große Lob. Die Krabbenfischer in Flandern sind wirklich etwas ganz Besonderes!
Doris says
Ein sehr schöner Artikel. Besonders, da wir selber drei dieser Pferde besitzen und ja, mit diesen Tieren kann man wirklich eine ganze Menge erleben und sie sind extrem lernwillig, stark menschenbezogen und scheuen keine Arbeit – wenn man sie gut behandelt.
Ich bitte aber um eine kleine Korrektur, es sind Brabanter und keine Prabanter ;). Der Name bezieht sich auf ihr Zuchtgebiet, dem ehemaligen Herzogtum Brabant. Danke!
Meine Stimme haste trotzdem für diesen schönen Artikel.
Viele Grüsse
Doris
Petra says
Sehr umweltfreundlich dieser Beitrag, so kann Krabbenfischen auch funktionieren!! Ein Hoch auf die Leute die das noch heute so betreiben!! Interessanter Reisebeitrag – muss man mal gesehen haben.
Andersreisender says
Doris: Ah… hier lesen auch Brabanter-Besitzer und -Fans mit. Danke für Deinen Tipp und fürs Abstimmen – da hat sich doch glatt ein “P” und ein falscher “Prabanter” eingeschlichen. :-)
– Petra: Dankeschön :-)
Joachim Bochberg says
Eine kleine Korrektur dazu: Es gibt wenigstens eine Krabbenfischerin zu Pferd, nämlich Corinne D’Hulster, die Frau von Johan Casier. Ihr Vater Eddy und ihr Großvater waren ebenfalls Krabbenfischer, also auch hier die dritte Generation. Und auch im Herbst sind die Fischer noch unterwegs – im Oktober sieht man sie regelmäßig.
Etwas vergessen? Ja, die Krabben sind unvergleichlich frisch und einfach nur lecker!
Andersreisender says
Danke, Joachim für Deine Korrektur. Mir wurde damals im Gespräch erklärt, dass nur Männer reiten. Und natürlich sind die Krabbenfischer auch außerhalb der vom Tourismusverband bekannt gegebenen Termine unterwegs. :-)