Der Reisealltag beginnt sich – technisch gesehen – nun ein bisschen einzupendeln: Das Handy funktioniert für SMS und ganz dringende Anrufe überall wo ich es brauche. Internet und W-LAN sind auch an Orten verfügbar, wo ich es nicht vermutet hätte. So kann sogar auf der Insel Olchon, im letzten Winkel von Russland, mein Blog aktuell und mit zu Hause über Skype Kontakt gehalten werden.
In den meisten – auch günstigen – Unterkünften und auch in vielen Cafes gehört “free WiFi” zum guten Ton. So können schnell nochmal der Anfahrtsweg zur nächsten Unterkunft oder der Fahrplan gecheckt werden. Zuletzt war ich überrascht, dass in Donghae in Südkorea kostenloser W-LAN Zugang am Hafen angeboten wird.
Inhalt:
Doch in Japan ist alles anders
Seit meiner Ankunft in Japan scheint sich die Technik gegen mich verschworen zu haben. Nichts funktioniert mehr so, wie ich es eigentlich will. Mein Telefon ist nicht mit UMTS ausgestattet und funktioniert, wie bei den meisten anderen Reisenden aus Europa, nicht mehr. Öffentliche Telefone in Telefonzellen können nur teilweise für internationale Telefonate benützt werden. Dafür ist aber eine spezielle Vorwahl vor der internationalen Rufnummer notwendig, die ich wiederum nicht kenne.
Mein Haarschneider ist an 230 Volt Wechselstrom gewöhnt und gibt bei den 100 Volt in Japan nur ein müdes Surren von sich. Zu wenig, um auch nur das kleinste Haar zu schneiden. Die Ladegeräte von Mobiltelefon und Laptop können allerdings die verschiedenen Spannungen problemlos verarbeiten. Mit einem Adapter ist man in der technisierten Welt wieder mit dabei. Vorausgesetzt man findet eine Steckdose zum Aufladen.
WiFi ist nicht verfügbar
W-LAN ist Mangelware. Zwar werden mir immer einige Zugänge am Laptop angezeigt, keiner davon ist aber kostenlos oder gehört zu meinem besuchten Café. Auch bei Starbucks & Co. werden in Japan Gebühren fürs Surfen verrechnet. Eine Anmeldung bei bestimmten kostenpflichtigen Anbietern ist notwendig. In meinen bisherigen Unterkünften wurde erst einmal kostenloses W-LAN angeboten und das funktionierte leider nicht so ganz. Also bleibt nur der Weg ins Internet-Café.
Auch Google Maps ist gegen mich
Ist man der japanischen Schriftzeichen nicht mächtig, von ihnen gibt es noch dazu zwei verschiedene Systeme, tut man sich mit der Orientierung in vielen japanischen Städten schwer. Weiteres Problem: Es sind die Straßen vielerorts nicht beschriftet, weder in der lateinischen noch in der japanischen Version. Wenn Google Maps einen dann noch zusätzlich in die falsche Richtung leitet wird es besonders haarig.
Im Zug nach Takaoka
Aber bevor ich nun über die Tücken von Google Maps weitererzähle, gibt es zuerst noch einen Blick aus dem Zugfenster. Denn es ist 16 Uhr und damit wird es Zeit für das tägliche “16-Uhr-Blick-in-die-Welt-Foto”. Ich sitze im Zug von Kyoto nach Takaoka bei Toyama und wir sind gerade in einen Bahnhof eingefahren. Wie heißt die Station? Ach ja: Kagaonsen.
Aktueller Stand um 16 Uhr:
Ort:Bahnhof Kagaonsen
Präfektur: Ishikawa (glaube ich)
Land: Japan
Wetter: heiß, ca. 30 Grad, leicht bewölkt.
Zeitverschiebung:
Zur Mitteleuropäischen Sommerzeit in Deutschland, Österreich und der Schweiz beträgt der Zeitunterschied + 7 Stunden. Steht in Kagaonsen die Uhr auf 16 Uhr ist es in Mitteleuropa erst 9 Uhr. In Japan gibt es keine Sommerzeit.
Das Daibutsu Ryokan in Takaoka
Ich hasse es vollbepackt mit schwerem Gepäck meine Unterkunft zu suchen. Darum wird alles so gut es geht im Vorfeld vorbereitet. Gibt es von der Unterkunft keine vorbereitete Information so halfen bisher Kartenausdrucke, zB. von Google Maps, bei der Anreise bisher immer gut weiter.
Nicht so in Takaoka in der Nähe von Toyama. Mit einem Kartenausdruck aus Google Maps ausgerüstet habe ich trotzdem das Gefühl, dass ich nicht am richtigen Weg bin. Ich frage zwei Kinder, ob ich in dieser Straße richtig bin. Hilfsbereit fragen sie in einem Geschäft nach und weisen mir den Weg in die genau entgegengesetzte Richtung.
Nach einiger Zeit Fußmarsch beschließe ich, doch Google Maps mehr als den Kindern zu vertrauen und kehre nochmals um. Der Kartenausdruck stimmt doch mit den Gegebenheiten vor Ort überein. Einige schweißtreibende Minuten später dann die Ernüchterung: Die Karte stimmt zwar überein, aber an der gekennzeichneten Stelle gibt es kein Ryokan. Die traditionelle, japanische Unterkunft befindet sich definitiv in dieser 181.000 Einwohner Stadt wo anders – aber wo?
Am Weg zu Buddha
Ich frage einen jungen Mann. Gottseidank ist “Daibutsu” hier ein Begriff, bezeichnet er doch die große Buddha-Statue in Takaoka. Der Mann läuft ins Büro und steht zwei Minuten später hilfsbereit mit selbstgezeichneter Karte und Auto bereit. Er führt mich zum etwa drei Kilometer entfernten Buddha und lässt mich dort aussteigen. Hilfsbereitschaft auf Japanisch! Aber den Weg zu erklären wäre wegen der Sprachbarriere einfach nicht möglich gewesen.
Ich freue mich endlich in der näheren Umgebung des Ryokans zu sein. “Sobald das Auto außer Sichtweite ist werde ich die umliegenden Straßen systematisch nach meiner Unterkunft absuchen”, denke ich, da bleibt ein dunkler VW-Golf direkt vor mir stehen. Es grüßt mich eine junge, japanische Frau in sehr gutem Englisch. Hinten im Auto sitzen die beiden Kinder. Die kenne ich doch! Ich habe sie etwa eine halbe Stunde zuvor nach dem Weg gefragt.
Die Überraschung steht mir in diesem Augenblick wahrscheinlich ins Gesicht geschrieben. Die beiden Kinder haben ihrer Mutter von meiner Suche nach dem Hotel erzählt. Daraufhin suchte die Familie gemeinsam die Gegend nach mir ab. Nochmals: Die Stadt Takaoka ist mit 181.000 Einwohnern größer als Salzburg!
Aber nun sind wir nicht mehr weit von meiner Unterkunft entfernt und finden sie innerhalb weniger Minuten. Dank einer guten Japanisch-Übersetzung geht es nochmals schneller, als hätte ich alleine weitergesucht. Leider sind viele Unterkünfte in Japan nur sehr schlecht oder überhaupt nicht in lateinischer Schrift beschriftet. Fehlende Straßenbeschriftungen und Hausnummern machen die Suche auf eigene Faust oft zur Geduldsprobe. Ein korrekter Anfahrtsplan hilft hier ungemein weiter.
Danke Buddha
Nachdem das Zimmer bezogen ist habe ich endlich Zeit, die bekannte Buddha-Statue zu besichtigen. Nun muß ich aber auch einen Blick auf den riesigen Buddha werfen.
Die kommende Nacht werde ich hier verbringen:
Traditionelle, japanische Pension Daibutsu Ryokan* in Takaoka (Toyama).
Grilli says
Mir deucht, es wird jetzt Zeit Dir einmal ein recht herzliches Sayonara aus Linz in den fernen Osten zu senden. Ich habe jetzt kurzerhand mal Google Earth angeworfen, um Deine Reiseroute zu verfolgen und sieh da, Du hast ja von Tottori bis nach Takaoka schon eine recht ordentliche Zugreise in Japan hinter Dich gebracht.
Freue mich als echter Zug-Fetischist schon auf Berichte übers japanische Eisenbahnwesen. Nicht nur das Land der aufgehenden Sonne, sondern auch das der WIRKLICH schnellen Züge…
Christian says
Oh je, das ist ja ganz schön aufregend! Lost in translation live sozusagen. Es ist sehr interessant, Deine Berichte zu lesen. Freue mich immer wieder auf die nächsten Blog-Beiträge.
Andersreisender says
@Grilli: Ein herliches “Grüßgott” zurück nach Linz. Ich freue mich auf mitlesende Eisenbahnfans, aber ein bisschen muß ich Dich noch auf die Folter spannend. Bahnfahren ist sehr erlebnisreich. Pünktlich auf die Minute, tip-top sauber und freundlich – echt toll! Einen zusammenfassenden Reisebericht übers Eisenbahnfahren in Japan wird es natürlich noch geben. Habe auch schon ein paar nette Aufnahmen aus dem Shinkansen gemacht. Aber auch auf den Nebenbahnen wird flott gefahren – ohne verschweißte Schienen *taktak – taktak – taktak*
@Christian: Man möchte es ja wirklich nicht glauben, dass man in Japan mit solchen Problemen kämpft. Mittlerweile beginnt es sich wieder ein bisschen einzupendeln. Gottseidank! Stay tuned ;-)