Zugfahren in Serbien und Montenegro ist ein Abenteuer. Die Züge sind weitgehend sicher unterwegs, aber dennoch dürfen Bahnreisende keine Qualitätsstandards und Pünktlichkeit wie in Mitteleuropa erwarten.
Zwischen Serbien und Montenegro gibt es bei Qualität und Pünktlichkeit der Züge keine großen Unterschiede. Auch das Wagenmaterial ist bei Železnice Srbije (Serbische Eisenbahn) und Željeznica Crne Gore (Eisenbahn Montenegros) weitgehend das gleiche. In den nächsten Jahren sind Investitonen in neues Wagenmaterial geplant. An den Nachtzug von Budapest nach Belgrad habe ich jedenfalls nur “dunkle Erinnerungen”.
Hier sind meine 8 Tipps für eine gute Eisenbahnreise durch Serbien und Montenegro.
Inhalt:
1. Orientierung am Bahnhof und im Zug
In Belgrad gibt es mehrere Bahnhöfe. Der Hauptbahnhof im Zentrum der serbischen Hauptstadt ist seit 1. Juli 2018 geschlossen. Züge von Belgrad nach Bar fahren z.B. vom Bahnhof Topčider ab, der EuroNight nach Zagreb und weiter Richtung Villach z.B. ab Beograd Centar.
Wer sich gern an elektronischen Anzeigetafeln und Monitoren orientiert sucht danach in den meisten Bahnhöfen in Serbien und Montenegro vergeblich. Abfahrtsmonitore gibt es nur in Belgrad und selbst dort sind die Anzeigen am Bahnsteig nicht ständig in Betrieb. Es gibt Durchsagen, die sind allerdings nur in Serbischer Sprache.
Einzige Orientierungsmöglichkeit ist der ausgehängte Fahrplan. Oder man fragt nach. Nachdem auf den meisten Strecken nur wenige Züge fahren ist das Risiko in den falschen Zug zu steigen gering. Zugegeben: Ich hätt’s in Belgrad mangels Konzentration bei den kyrillischen Schriftzeichen trotzdem fast geschafft. ;-)
Zuglaufschilder sind auf den meisten Zügen und Waggons vorhanden und in lateinischer Schrift geschrieben. Mitteleuropäer können sie ohne Probleme lesen.
Auf den Bahnhöfen in Belgrad findest Du zum Großteil kyrillische Anzeigen, in Montenegro wird – wie im deutschsprachigen Raum – in lateinischer Schrift geschrieben.
Durchsagen gibt es in den Zügen keine, auch Monitore oder Anzeigen sind nicht verfügbar.
2. Fahrpläne
Die Fahrpläne für Fernzüge und Regionalzüge auf den Hauptverkehrsrouten in Serbien und Montenegro sind sind online auf den Seiten von DB, ÖBB und SBB abrufbar. Wichtig: Für Bar die Bezeichnung Bar(MNE) eingeben, sonst erhält man keine Auskunft.
Eine Fahrplanabfrage inkl. internationaler Züge zwischen Montenegro und Serbien ist in Englischer Sprache auf der Seite der Eisenbahn Montenegros möglich. Dort werden auch Fahrpreise angezeigt. Für Belgrad in diesem Fahrplan die Englische Bezeichnung “Belgrade” eingeben, für den Bahnhof “Novi Beograd” die gleichlautende Serbische Bezeichnung.
Für Serbien sind Fahrpläne – etwas umständlich – auf der Seite Srbija Voz zu finden. In Englisch. Statt “Belgrade” muss im Suchfeld der jeweilige Name des Bahnhofs der Hauptstadt angegeben werden, z.B. TOPČIDER. Inklusive dem S-Bahn ähnliche Beovoz und BG:VOZ System in Belgrad.
Auch in Serbien und in Montenegro gilt die europaweite Regel, dass Abfahrtsfahrpläne auf gelben Hintergrund bzw. gelbes Papier gedruckt sind, der Fahrplan für die Ankunft auf weißem Hintergrund.
3. Verspätung
Bei Železnice Srbije in Serbien und Željeznica Crne Gore in Montenegro stehen Verspätungen an der Tagesordnung. Berüchtigt ist zB. die Strecke Belgrad – Bar. Eine spätere Ankunft am Ziel von mehr als zwei Stunden ist keine Seltenheit.
Bei Umsteigeverbindungen sollte daher genügend Zeit (mehr als 2 Stunden) eingeplant werden. Anschlusszüge werden in Belgrad leider in der Regel nicht abgewartet.
Tipp: Die wichtigsten Zwischenhalte inkl. Zeit aus dem Fahrplan abschreiben. So kennt man den aktuellen Aufenthaltsort und weiß wieviel Verspätung der Zug hat.
4. Wieviel kostet ein Fahrschein in Serbien und Montenegro?
Zugfahren ist in beiden Ländern billig. Ein Standard-Zugticket ohne Ermäßigung kostet rund ein Drittel von einem Fahrschein in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Zum Vergleich: Für die über 400 Kilometer lange Strecke Belgrad – Podgorica kostet ein Standard-Ticket in der 2. Klasse € 19,20. Bis Bar sind es € 21,00.
Inhaber von ÖBB Vorteilscard, DB Bahncard, Halbtax mit Railplus oder einer anderen Ermäßigungskarte mit Rail Plus erhalten bei grenzüberschreitenden Fahrten Ermäßigung. Für Serbien und Montenegro werden 30 % Nachlass gewährt und der Fahrpreis für eine Fahrkarte 2. Klasse Belgrad – Podgorica reduziert sich auf € 13,50.
Für die Balkan-Länder gibt es auch noch verschiedene andere Ermäßigungen, auch der Interrail Global Pass* ist in Serbien und Montenegro gültig. Aufgrund der sehr günstigen Standard-Fahrpreise zahlen sich die Spezialangebote aber meist nicht aus.
5. Speisewagen & Versorgung im Zug
Auf Fernverkehrsstrecken sollte laut Fahrplan bei vielen Zügen ein Speisewagen angehängt sein. Zu viel darf man sich aber nicht erwarten. Oft gibt es nur ein reduziertes Angebot mit Getränken, Bier und Kaffee. Oder der Speisewagen fällt ganz aus.
Für Bahnfahrten in Serbien und Montenegro gilt: Genügend Proviant mitnehmen.
6. Rauchen im Zug
Rauchen ist in den Zügen in Serbien und Montenegro verboten. Aber wo kein Kläger, da kein Richter. Das Symbol mit der durchgestrichenen Zigarette ist eher nur ein Ziergegenstand. Im Sitzbereich wird in der Regel nicht geraucht, dafür treffen sich die Raucher im Speisewagen oder im Einstiegsbereich.
7. Abfahrtssignal & gefährliche Türen
Wer genüsslich die Zigarette am Bahnsteig raucht oder sich die Füße vertreten will hüpft spätestens dann in den Zug, wenn der Schaffner pfeift.
In Montenegro hupt der Lokführer bei jeder Abfahrt. Kein Abfahrtssignal ertönt bei den Regionalverkehrszügen (Triebwägen) mit automatischen Türen. Die schließen ohne Vorwarnung.
Apropos Türen: Bei den meisten Waggons gibt es noch keine automatischen Türen. Sie verriegeln auch nicht während der Fahrt. Vorsicht im Einstiegsbereich! Oft stehen die Türen auch bei voller Fahrt weit offen!
8. Toiletten
Für die Damen ist das wohl eines der unangenehmsten Themen beim Zugfahren durch Serbien und Montenegro. Meist sind die Toiletten im Abfahrtsbahnhof sauber, aber das ändert sich nach vielen Stunden Fahrt. Der strenge Geruch verheimlicht auch nicht die intensive Nutzung. Toilettenpapier, Seife und Handtücher fehlen gänzlich – und auch oft die Neonröhren, die das „stille“ Örtchen in der Nacht oder im Tunnel erhellen sollten.
9. Absolutes Highlight: Gebirgsbahn Belgrad – Bar
Einer der Höhepunkte in Serbien und Montenegro ist die Gebirgsbahn von Belgrad über Podgorica nach Bar. Auf 476 Kilometern führt die Strecke durchs Dinarische Gebirge an die Adria. Bahnreisende dürfen sich auf Canyons, unzählige Tunnel und die höchste Eisenbahnbrücke Europas freuen.
Du bist neugierig? Hier gibt’s mehr Infos über die Bahnstrecke von Belgrad nach Bar.
Fazit
Mit der Eisenbahn in Serbien und Montenegro zu reisen ist ein kleines Balkan-Abenteuer. Wer genügend Zeit für die gemächliche Fahrt mitbringt hat die Möglichkeit so Land und Leute näher kennen zu lernen. Hochgeschwindigkeit und Qualitätsstandards wie in Mitteleuropa darf man sich aber nicht erwarten.
Franz Burghardt says
ein schöner Beitrag. Vielen Dank. Vo rallem für jemanden wie mich der auf langen Reisen unterwegs ist. Ich war vor ein paar Jahren in Serbien. Und ich bin mit dem Zug gefahren und von dort auf unbefestigten Wegen weiter in die abgelegenen Dörfer zu Fuß. Und ja, es ist wunderschön und es gibt viele sehr freundliche Menschen dort. Es ist aber eine raue Landschaft. Also für jeden Touristen ist es ein MUSS!
Nette Grüße
Hannes Zellhofer says
Sehr nette Beiträge! Aber ich muss trotzdem anmerken dass ein Zug nicht “hupt” sondern “pfeift”! :)
Peter Thomas says
Hallo Gerhard,
wie ist das mit der Radmitnahme bei der Serbischen Bahn? Auch bei sogenannten Bummelzügen würde mich die Möglichkeit der Radmitnahme interessieren.
Vielen Dank im voraus
Peter Thomas
Andersreisender says
– Peter: Laut Auskunft der Serbischen Eisenbahn können Fahrräder im internationalen Verkehr nur als Handgepäck transportiert werden. Eventuell erhalte ich nach den Feiertagen noch weitere Informationen, dann informiere ich gerne hier im Blogbeitrag.
Andersreisender says
– Peter: Ich habe noch weitere Informationen für Dich bezüglich Fahrradmitnahme bei der Serbischen Eisenbahn. Bei der Fahrplanabfrage auf der Seite http://www.srbvoz.rs/redvoznje.html wird nach der Abfrage bei bestimmten Zügen ein Fahrrad-Symbol in der Spalte “Ponuda” angezeigt. Draufklicken, dann erhältst Du weitere Infos. Leider funktioniert es derzeit nur in Serbischer Sprache, in der Englischen Version ist der Klick auf die Fahrrad-Infos leider nicht möglich.
Gebhard says
Inzwischen ist der Fahrplan für Montenegro sehr wohl wieder im ÖBB-Fahrplan zu finden. Man muss aber eingeben “Bar(MNE)” und nicht “Bar(CG)”
Andersreisender says
– Gebhard: Dankeschön für Deinen Hinweis, habe ich soeben korrigiert! Es muss sich scheinbar immer wieder einmal etwas ändern, damit Bahnreisen nicht zu einfach sind. ;-)
Peter Thomas says
Hallo Andersreisen_Service,
vielen Dank für Deine Mühe. Hilft mir wieder ein Stück weiter.
Peter Thomas
Andersreisender says
– Peter: Gerne!
Kexiu says
Wie lange dauert der Fahrt Bar nach Belgrad?
Andersreisender says
– Kexiu: Laut aktuellem Fahrplan dauert die Zugfahrt von Bar nach Belgrad derzeit 11 Stunden und 40 Minuten.
Jan Enger says
Moin und danke, jedoch vermisse ich wie man an die Tickets ran kommt. Bis Beograd kein Problem und von Berlin weniger als 50 Euro über die Internetseiten von CSAD und MAV aber wie weiter?
Andersreisender says
– Jan: Die einfachste Möglichkeit ist einfach zum Fahrkartenschalter zu gehen. Dort erhältst Du in Serbien Dein Zugticket.
Marek says
Hallo Andersreisender,
Danke für die tollen Tipps!
Ich möchte diesen Zug von Belgrad nach Bar gerne fahren.
Hast du eine Idee, wie man gut von Freiburg nach Belgrad kommt? Ich finde da keine so gute Verbindung im Netz.
Grüße
Marek
Peter Thomas says
Hallo Marek,
falls es nicht die Bahn sein muss kannst du auch mit Flixbus von Freiburg via Zagreb oder Budapest nach Belgrad fahren.
Peter
Christian says
Hallo Andersreisender,
ich möchte mit dem Zug von Belgrad nach Podgorica. Hast eine Auskunft darüber ob man die Tickets schon voraus kaufen sollte oder reicht es Vorort in Belgrad am Schalter ein Ticket zu kaufen?
Andersreisender says
– Christian: Ich habe die Ticket erst in Belgrad bzw. bei der Rückreise dann in Podgorica gekauft. Vielleicht verbringst Du ja ein paar Tage dort, dann würde ich das Ticket einfach immer gleich nach der Ankunft besorgen. Denke, das sollte klappen. :-)
Ulla Vilkman says
Hallo Andersreisender,
Du hast sehr interessante und informative Seite. Gratulationen!
Ich möchte gerne mit dem Bahn nach Montenegro. Ich bin nicht ängstlich, und doch frage ich, ob ich allein, weiblich und schon 67 die Reise machen kann? Wie viele Tage sollte ich für die Reise planen, dass es auch erholsam ist und soll ich Übernachtungen vorher buchen? Da meine Rente klein ist, kann ich nicht in teure Unterkünfte bezahlen. Und welche Zahlungsmittel sollte ich mitnehmen? Würde es sich lohnen, für die Bahnfahrten in der 1. Klasse zu reisen, ich denke an die Sauberkeit …
In Deutschland und Österreich reise ich immer in 2. Klasse mit dem Bahncard 25.
Danke!
Ulla
Andersreisender says
– Ulla: Ich denke, dass die Reise für Dich sicherlich möglich ist, so “wild” sind Serbien und Montenegro nun auch nicht. ;-) Die Reisezeit hängt davon ab, welche Städte Du mit dem Zug besuchen möchtest. Eine Reiseplanung vorab schadet nicht, wenn Du wissen möchtest, wo Du übernachtest. Als Zahlungsmittel nimm eine Bankkarte und eine Kreditkarte mit, Geldautomaten um Bargeld zu bekommen solltest Du überall finden. In Montenegro zahlt man übrigens mit dem Euro. Viel Spaß bei der Reisevorbereitung!
Friederike Mauler says
Super Blog. Der Zug fährt derzeit von dem Vorort Topcider ab, da der Hauptbahnhof Belgrad derzeit geschlossen ist. Anbindung mit dem ÖPNV vorhanden. Genügend Zeit mitbringen. Karten lassen sich am besten direkt vor Ort kaufen. Wir hatten Fahrräder dabei und mit dem Zug tagsüber war es überhaupt kein Problem. Das Fahrrad wird beim Schaffner bezahlt (in Serbien 1 Euro, in Montenegro noch einmal 4 Euro) Es lohnt sich, Kleingeld mitzunehmen.
Andersreisender says
– Friederike: Danke für Deinen Hinweis! Gerade gesehn dass ich die Infos mit dem Hauptbahnhof in diesem Beitrag noch gar nicht aktualisiert hatte, sondern nur im Belgrad-Bar Beitrag. :-)
Maria says
Hallo Friederike,
ich möchte an Pfingsten 2020 mit der Bahn und meinem Rad von München nach Podgorica fahren. Anschließend in Montenegro radeln und dann wieder mit der Bahn zurückfahren.
Nun meine Fragen: Wie viele Tage sind für die Bahnfahrt einzuplanen (reichen 2 Tage?) /Ist es sinnvoll in Belgrad Zentrum zu übernachten oder besser im Vorort Topcider?/Welche Erfahrungen habt Ihr in Montenegro mit Euren Rädern gemacht?/ Ist jemand schon einmal allein in Montenegro als Frau gereist – welche Erfahrungen?
Andersreisender says
– Maria: Du solltest für Deine Zugreise nach Podgorica auf jeden Fall zwei Tage einplanen, je nachdem welche Zugverbindung Du von München nach Belgrad und dann weiter nützt. Auf jeden Fall nicht zu knapp mit den Anschlüssen in Belgrad planen und besser mehr Pufferzeit lassen. Es ist auch schon einen Tag oder Abend in Belgrad zu verbringen. Wenn Du im Stadtzentrum übernachtest ist bestimmt rundum mehr los als in Topcider.
angelika hess says
Hallo Andersreisender,
danke für die Info.
Maria
Winkler Dorle says
Ich plane mit dem Fahrrad eine Tour von Belgrad ans schwarze Meer.
Wie komme ich am Besten nach Belgrad?