Zugfahren ist für mich nicht gleich Zugfahren. Ich nütze die Eisenbahn im beruflichen Alltag, aber auch zum Vergnügen. Während ich auf geschäftlichen Reisen gerne bequem reise darf es in der Freizeit abenteuerlicher zugehen. Warum ich gerne mit dem Zug reise und mehr über dieses besondere Reiseerlebnis erfährst Du in diesem Beitrag.
Ich reise mit der Eisenbahn gerne richtig weit. Von diesen abenteuerlichen Bahnreisen erzähle ich auch hier im Reiseblog und ganz persönlich in Live-Reisereportagen (wer zu weit von den Reise-Abenteuer Shows weg wohnt kann die Reiseabenteuer auch auf DVD und Video-Download sehen). Weniger oft erzähle ich von meinen Zugreisen, die ich beruflich unternehme. Wenn möglich nütze ich für diese Businessreisen die Eisenbahn, im Sommer aber auch immer wieder gern das Motorrad.
Inhalt:
In 10 Minuten am Hauptbahnhof
Ich wohne in der Nähe des Salzburger Hauptbahnhofs. Zehn Minuten bevor der Zug abfährt verlasse ich das Haus. Eineinhalb Stunden dauert die Bahnfahrt nach München, 2 Stunden und 22 Minuten im RailJet nach Wien, in weniger als 6 Stunden bin ich in Zürich und in rund 8 Stunden erreiche ich Berlin oder Hamburg.
Bis zu einer Entfernung von 8 Stunden ist für mich die Bahn das bevorzugte Verkehrsmittel. Im Zug kann ich während der gesamten Fahrt arbeiten. Das W-LAN funktioniert in den Zügen gottseidank immer besser. Bei der privaten Westbahn, im ÖBB Railjet und in den ICE-Zügen der Deutschen Bahn wird ein kostenloser Internetzugang im Zug angeboten.
Bei Bahnreisen die Zeit produktiv nützen
Bei Flügen geht viel unproduktive Zeit für Formalitäten, fürs Warten und Sicherheitschecks drauf. Auch an ein produktives Arbeiten während eines Kurzstreckenflugs ist nicht zu denken. Außerdem sind die Flughäfen meist weit vom Stadtzentrum entfernt. Die Eisenbahn hält wesentlich zentraler, für mich ein weiterer Pluspunkt bei Bahnreisen.
Manchmal gönne ich mir auf langen Strecken auch ein 1. Klasse Ticket. Die Sitze sind breiter, man hat auch in einem vollen Zug mehr Platz und Ruhe. Bei rechtzeitiger Buchung, z.B. bei Sparpreis Tickets der Deutschen Bahn*, ist der Preisunterschied zwischen 1. und 2. Klasse nur sehr gering.
Mit dem Auto oder dem Flugzeug wäre ich auf manchen Strecken schneller aber weniger effizient am Ziel. Im Zug kann ich die Zeit produktiv nützen, im Auto muss ich konzentriert am Steuer sitzen und komme müde an.
Manchmal bin ich beim Bahnfahren auch bewusst unproduktiv und genieße einfach die Reise. Beim Fenster hinausschauen. Die Landschaft beobachten. Begeistert sein, wenn Gebirgszüge im Abendlicht rot beleuchtet am Zugfenster vorbeiziehen. Wenn taunasse Wiesen sich am herbstlichen Morgen mit nebelverhangenen Seen abwechseln.
Beeindruckende Landschaften und Eisenbahnromantik
Oder wenn draussen ein Gewitter tobt, die Regentropfen ans Fenster prasseln und man sich im Zug sicher fühlt. Und der absolute Kick: Eine Bahnfahrt durch frisch verschneite Winterlandschaften. Das ist Eisenbahnromantik pur!
Obwohl ich viel mit der Bahn fahre bin ich von den “Horrorgeschichten”, die manche Reisende zu erzählen wissen, gottseidank verschont geblieben. Wenige Minuten Verspätung regen mich nicht auf. Verzögerungen muss ich auch beim Auto, Flugzeug und allen anderen Verkehrsmitteln einplanen.
Das soll nicht heißen, dass es kein Verbesserungspotential gibt. Ich erlebe immer wieder Situationen, die mir beim Bahnfahren sauer aufstoßen. Unfreundliches Personal steht bei mir an erster Stelle der “Ärgerskala”. Aber nichtsdestotrotz – ich reise gerne mit dem Zug.
Während ich es im beruflichen Reiseverkehr gerne entspannt und ruhig habe dürfen aus Fernreisen Bahnreiseabenteuer entstehen.
So richtig weit mit dem Zug fahren. Tagelang. Die Landschaft, Menschen, Sprache und Mentalität verändern sich. Und auch die Gewohnheiten der Reisenden im Zug.
Ich muss mich mit neuen Systemen vertraut machen. Einen Fahrschein zu kaufen ohne die Sprache zu können oder den richtigen Zug zu finden, ohne die Schriftzeichen zu verstehen können eine ziemliche Herausforderung werden. Das sind Abenteuer und Spannung, darum reise ich gerne mit dem Zug.
Bahnreiseabenteuer
Da verzichte ich dann gerne auf den 1. Klasse Sitzplatz und tausche ihn gegen ein Ticket in der Holzklasse. Dort lerne ich meist am einfachsten Menschen kennen, obwohl die Bereitschaft zum Kontakt von Land zu Land sehr unterschiedlich ist.
Je langsamer die Züge unterwegs sind desto höher ist der Abenteuerfaktor. “Slow travel” par excellence. Mein bisher “schwierigstes” Bahnreiseland war Kuba. Fehlende Fahrpläne in den Bahnhöfen, volle Züge, unklare Strukturen beim Ticketverkauf und die Sprachbarriere machten mir das Reisen mit dem Zug dort nicht ganz leicht.
Je schneller und moderner die Züge sind umso „internationaler“ wird das Reiseerlebnis. In Hochgeschwindigkeitszügen komme ich seltener ins Gespräch als während rumpeliger Fahrten irgendwo in einem Dschungel-Express.
Bahnreisen haben für mich schon seit meiner Kindheit einen besonderen Reiz. Sie sind für mich der Inbegriff des Reisens.
Schon die Abfahrtstafel am Bahnhof mit exotischen Zielen oder ein Zug mit Waggons aus fernen Ländern lösen bei mir Fernweh aus. Leider verschwindet dieses Fernwehgefühl in Mitteleuropa immer mehr. Hier ist es kaum noch möglich ohne umzusteigen richtig weit mit dem Zug zu reisen. Auch die Nachtzüge verschwinden zusehends aus dem Fahrplan.
Gottseidank gibt es noch Bahngesellschaften, die den Ausbau der Nachtzüge forcieren. Vereinzelt wird in neue Schlaf- und Liegewagen investiert und wer gerne quer durch Europa reisen möchte besteigt den Moskau-Nizza-Express der Russischen Eisenbahn.
Sonderzüge und Luxuszüge erleben eine Renaissance. Auch in Europa werden Schienenkreuzfahrten zunehmend populär. Diese Züge sind Touristen vorbehalten. Zum Beispiel der “Zarengold” durch Sibirien, der “Orient Express”, der “Golden Chariot” in Indien oder der “Tren Crucero” durch Ecuador.
Luxushotels auf Schienen
Die Reise mit diesen Zügen ist eine Klasse für sich. Manche Länder und Bahnstrecken können nur noch in einem Sonderzug bereist werden. Die Luxuszüge bieten ein besonderes, exklusives Reiseerlebnis. Alles ist perfekt, man muss sich um nichts kümmern und kann die Zugreise entspannt genießen.
Das ist eine andere Art zu reisen als sich mit Einheimischen das Abteil zu teilen. Auf Holzbänken zu sitzen und sich um das letzte Ticket zu streiten oder bei fehlerhafter Reiseplanung mitten in der Nacht auf einem Bahnhof zu stranden.
Darum reise ich gerne mit dem Zug
Auch wenn die Luxuszugreisen besondere Erlebnisse sind, schlägt mein Herz weiterhin für die Reise mit den Regelzügen. Ich reise sehr gerne mit dem Zug, sowohl beruflich als auch um Reiseabenteuer zu erleben. Selbst organisieren, Menschen kennen lernen, die Nase aus dem Fenster in den Fahrtwind stecken und neues entdecken.
Wie sieht’s bei Dir aus? Reist Du gerne mit dem Zug?
Maria says
Lieber Gerhard! Ja, auch ich reise gerne mit dem Zug. Meine Obergrenze liegt in Europa ebenfalls bei acht bis zehn Stunden. Leider sind Flüge manchmal wirklich um einiges billiger und effizienter. Aber grundsätzlich überlege ich mir vor jeder Reise im Umkreis von bis zu 1000 Kilometern, ob eine Bahnfahrt nicht die bessere Alternative ist. Super geklappt hat das zum Beispiel von Wien nach Warschau oder von Salzburg nach Budapest oder Verona/Bologna. Ich wünsche dir jedenfalls noch viele weitere spannende Zugreisen! Liebe Grüße, Maria
Alex says
Ich reise äußerst selten mit dem Zug.
In den vergangenen 10 Jahren – glaube ich – nur 3x.
Auf Mallorca, nach Prag und in Deutschland.
Das meiste läuft bei mir auf der Straße oder per Flugzeug.
Aber hat halt auch mit den Distanzen zu tun, denn die Vorteile die auflistest, sehe ich definitiv ein! ;)
Andersreisender says
– Horst: Sehr weit wohnen wir tatsächlich nicht auseinander. Ich meinte die 10 Minuten allerdings zu Fuß. Von der Wohnung bis zum Bahnsteig. Inklusive Zeitreserve, falls mich jemand noch auf der Straße anquatscht. :-) Und ja – 7ways2travel steht für 7 österreichische Reiseblogger. Wir veröffentlichen jede 2. Woche des Monats 7 Beiträge zu einem gemeinsamen Thema.
– Maria: Ja, leider komme auch ich nicht ums Flugzeug herum. Nach Thailand jedes Mal mit dem Zug zu fahren ist dann doch nicht möglich. Das Bahnfahren in das Reiseerlebnis mit einzubinden finde ich schön. Dann ist der Weg schon das Ziel.
– Alex: Das verstehe ich – überall geht’s halt nicht mit dem Zug. Und Roadtrips sind manchmal auch spannend! :-)
Gudrun says
Ich fahre auch sehr gerne mit dem Zug und so eine Reise mit der Transib würde mir schon sehr gefallen. Da ich jedoch in meine Reisen immer sehr viele Reiseziele hinein packe, entscheide ich mich dann doch oft für die schnellste Reisevariante. Da muss ich mir was von Maria in punkto Slowtravelling was abschauen…
Andersreisender says
– Gudrun: Ja, Slowtravelling und Zureisen passen wirklich gut zusammen. Wobei in vielen Ländern die Züge gar nicht mehr so “slow” unterwegs sind. 200 bis 300 km/h sind ja schon oft Standard. Das finde ich doch schon recht flott und konkurrenzfähig gegenüber dem Flugzeug.
Theo says
Hi,
toller Bericht. Ich reise auch für mein Leben gerne mit dem Zug und stoße dabei leider immer wieder auf Unverständnis, vor allem von meiner Familie. Aber gerade zu zweit kann man die Zeit einfach super nutzen. Auf Kuba war ich letztes Jahr und hatte dabei ebenfalls einige Probleme beim Zugfahren. Mit ein bisschen gebrochenen Spanisch ging es dann aber irgendwie und ich muss sagen, es sind dabei so viele lustige Geschichten entstanden, dass ich immer etwas zu erzählen habe.
Andreas Moser says
Ich bin ebenfalls absoluter Zugfan, aus praktischen, romantischen und ökologischen Gründen.
Ich kann die Zeit zum Lesen nutzen, ich kann andere Leute kennenlernen, ich kann mich auf die Landschaft konzentrieren. Meine Zugfahrten in Montenegro, Rumänien und Mazedonien waren wie Fahrten durch den Wilden Westen. Und dazu alte Züge und ältere Bahnhofshäuschen, viele noch aus der Habsburger Zeit.
Als ich noch in Deutschland gewohnt habe und viel beruflich unterwegs war, habe ich mein Auto aufgegeben und mir dafür eine BahnCard 100 gekauft. Das war billiger als Abnutzung des Autos, Benzin, Versicherung, Reifenwechsel u.s.w. Einfacher war es auch, weil man mit der BahnCard 100 keine Reservierung benötigt. Man geht zum Bahnhof und steigt ein. Wenn man eine Pause machen will, steigt man aus, geht zum Mittagessen und fährt nach einer Stunde oder zwei weiter.
Hier ein paar meiner Eisenbahn-Artikel: https://andreas-moser.blog/tag/eisenbahn/
Christian says
Der Vergleich macht sicher, nehmen wir die Strecke von meiner jetzigen Heimat in meine alte :
Mit dem Auto : erst sich irgendwie um den Pariser Stau herumschummeln oder in ihm stecken, dann ein paar hundert km monton auf der Autobahn bis nach Strasbourg preschen, danach sich irgendwie, je nach Verkehrslage (rechte Spur LKWs, linke Spur Tempobolzer) durch Deutschland tasten. Wenn man Pech hat das Ganze noch in Regen und Finsternis.
Dazu auf der Rückbank ein Kind, dem todlangweilig ist.
Allein schaffst es an einem Tag, mit Familie muss man zwei Tage pro Richtung rechnen.
Mit dem Flugzeug :
Erst mit dem Vorortezug nach Paris, dann mit der RER zum Flughafen, Gepäck aufgeben, Sicherheitscheck, checkin, dazwischen immerw ieder warten, endlich irgendwanneinmal boarding, man hebt ab, kurz darauf landet man schon wieder, aufs Gepäck warten, checkout, zur S-Bahn hiein nach München, mit dem Zug nach Salzburg. Wenn wir um 09:00 zu Hause weggehen, sind wir knapp vor 19:00 am Salzburger Hauptbahnhof.
Und mit der Bahn : gehen wir genauso um 09:00 weg, kommen knapp vor 10:00 in Paris an, durchqueren die Stadt mit dem Metro (der eindeutig anstrengendste Teil der Reise, bleibt einem bei der Fahrt zum Flughafen aber auch nicht erspart) und haben um 10:55 unseren ICE nach Stuttgart. Karten spielen, lesen, im Speisewagen Mittagessen, in Stuttgart ein bissl die Beine vertreten (umsteigen), und dann weiter nach Salzburg, wo man so wie mit dem Flugzeug um 19:00 ankommt. Nur wars ein schöner Tag mit der Familie.
Sandra says
Ich reise auch gerne mit dem Zug, nur leider ist man dann am Ziel etwas eingeschränkt gegen die Anreise mit dem eigenen Auto. Ich habe schon einmal überlegt, ein Klappfahrrad mitzunehmen.
Asien ist natürlich noch eine ganz andere Nummer als hier bei uns. Ich erinnere mich an einen Nachtzug in Indien, das war schon ein ziemliches Abenteuer! (-:
Christa Posern says
Hallo Gerhard, ich möchte mich bei dir bedanken für die Bahnreisetipps Montenegro. Dadurch war es für uns einfacher , diesen Sommer diese Reise anläßlich unserer Goldenen Hochzeit zu machen. Wir haben uns nämlich damals im Zug von Bulgarien kennengelernt, als wir als Ostdeutsche nicht nach Jugoslawien durften. Deshalb war dieses Ziel schon immer in unseren Gedanken. Nun fehlt aber immer noch ein Stück der Strecke von Subotica nach Belgrad. Deshalb haben wir es anders gemacht: Zug von Dresden nach Graz, Zug von Graz nach Zagreb und Bus von Zagreb nach Belgard. Dann die wunderschöne Tagesstrecke von Belgrad nach Bar, wobei es inzwischen klimatisierte Wagen gibt. Die serbische Strecke ist sehr langsam, weil nicht erneuert, aber auf der montenegrinischen Seite ging es dann mit 100kmh weiter. Wir blieben in Bar, Budva und Kotor, flogen dann ab Tivat mit easyjet nach Berlin zurück. Eine wunderbare Osteuropareise mit vielen schönen Eindrücken, auch dank dir.