Der tiefste See der Welt. Der wasserreichste See der Welt. Der älteste See der Welt. Das sind nur drei der Superlative des Baikalsees in Russland. Das “blaue Auge Sibiriens” begeistert Besucher.
Reisende mit der Transsibirischen Eisenbahn sollten unbedingt in Irkutsk stoppen und einen Besuch auf der Insel Olchon einlegen. Dort lässt sich der wahrscheinlich schönste See in Sibirien am besten erleben.
Viele Mythen ranken sich um den Baikalsee. Auch wenn er einer der bekanntesten Seen Russlands ist wird er oft mit dem vom austrocknen bedrohten Aralsee verwechselt. Der Baikalsee ist der wasserreichste See der Welt. Er fasst rund 1/5 der weltweiten Trinkwasserreserve und ist – je nach Quelle – zwischen 1637 und 1642 Meter tief. Mit mehr als 25 Millionen Jahren ist er außerdem einer der ältesten Süßwasserseen der Welt.
Schon allein diese Zahlen faszinieren. Ob es an den Superlativen liegt, dass die Region auch ein Zentrum des Schamanismus ist? Einer der heiligen Orte ist der Schamanenfels auf der Insel Olchon (engl. Olkhon). Die Insel liegt rund 300 Kilometer nordöstlich von Irkutsk im mittleren Teil des Baikalsees. Von Norden her offenbart der Schamanenfels sein spektakuläres Aussehen. Eine sichelförmige Bucht führt direkt zum Fels der aus dem Wasser ragt.
Weiter oben am Hügel stehen 13 mit Stofffetzen behängte Serge Pfosten. Die meist blauen Stoffstreifen sind Opfergaben der Burjaten. Der Blick vom Kap Burhan (engl. Cape Burkhan) fasziniert mich. Von hier lassen sich Sonnenauf- und Untergang beobachten. Wie die Sonne einmal am Horizont die Insel Olchon berührt und einmal das Festland.
Der Hauptort Chuschir (engl. Khuzhir) ist in rund 5 Stunden von Irkutsk aus zu erreichen. Die Straße wurde vor einigen Jahren von Irkutsk bis zum Fähranleger in Sachjurta MRS am Festland komplett asphaltiert. Bei meiner Reise 2010 war die Fahrt über Sandpisten noch sehr abenteuerlich.
Die Fahrweise der Marschrutkifahrer hat sich seit damals aber nicht geändert. Auf der Insel Olchon gibt es nach wie vor keine asphaltierten Straßen. Staubige Straßen durchziehen den Ort Chuschir mit seinen kleinen Holzhäuschen. In der Baikalska Uliza (engl. Baykalska Street) kommt Wildwestfeeling auf. Nur die Cowboys auf ihren Pferden fehlen. Stattdessen nebelt die Staubwolke hinter den Autos die Häuser ein.
Die Mehrzahl der Einwohner sind hier Burjaten, eine mongolische Ethnie in Sibirien. Die Burjaten stellen auch die größte nationale Minderheit in Sibirien dar.
Einfaches Leben auf Olchon
Auf der Insel Olchon gibt es erst seit einigen Jahren Storm. Auch mobiles Internet funktioniert. Ansonsten darf man sich hier nicht zu viel Komfort erwarten. Die meisten Unterkünfte für Touristen sind einfache Zimmer bei Gastfamilien. Toiletten sind häufig Plumpsklos, Waschgelegenheiten befinden sich im Freien. Fließend Wasser ist auch noch nicht überall vorhanden.
Viele kommen aber genau wegen dieses kleinen Abenteuers nach Chuschir. Weg von der Stadt. Weg vom Lärm. Hier kann man einige ruhige Tage Ruhe abseits des Alltag und in der Natur genießen. Auch das kulinarische Angebot ist überschaubar, aber sehr lecker. Sibirische Pelmeni, Borsch, Soljanka und die burjatisch-mongolischen Buuds schmecken in dieser Umgebung herrlich!
Ich hoffe, dass die Insel Olchon und Chuschir noch länger so gemütlich bleiben. Die ersten professionell geführten Resorts entstehen bereits am Ortsrand.
Die Insel Olchon ist rund 72 Kilometer lang. Ausflüge führen z.B. in robusten, russischen Kleintransportern ins Naturschutzgebiet im Norden Olchons bis zum Kap Choboi (Cape Khoboy). Dort entdecke ich zu meiner Überraschung sogar Edelweiß.
Bei Schönwetter kann man entlang der kilometerlangen Sandstrände spazieren und wagemutige riskieren einen Sprung ins eiskalte Wasser. Auch im Hochsommer steigt die Wassertemperatur des Baikalsees kaum über 16 Grad. Wer im Baikalsee schwimmt soll 7 Jahre jünger werden. Das wurde mir zumindest glaubhaft versichert.
Ich bin mir nicht sicher, ob das auch im Tauchanzug funktioniert. Eigentlich ist bei meinem Besuch ein Tauchgang geplant, aber das schlechte Wetter macht mir einen Strich durch die Rechnung. Ich muss bis zum Winter warten, im Februar unternehme ich einen weiteren Versuch.
Faszinierender Winter am Baikalsee
Im Winter hat der Baikalsee eine ganz besondere Stimmung. Monatelang führen die Wellen einen Kampf gegen die eisigen Temperaturen. Teile der Oberfläche frieren und werden wieder aufgerissen. Eisschollen schieben sich ans Ufer bis Ende Jänner/Anfang Februar der See komplett zufriert.
Ist das Eis dick genug kann die Insel Olchon wieder erreicht werden. Dann fahren statt der Fähre die Autos über das meterdicke Eis zur Insel. In der Übergangszeit ist Olchon für mehrere Monate nicht erreichbar.
Der Baikal fasziniert mich – im Sommer und im Winter. Viele Mythen ranken sich um den größten See der Welt. Der Schamanenfels ist für mich eines der besonderen Juwele auf der Insel Olchon. Für mich ist der Baikalsee der schönste See Sibiriens.
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Tipps für eine Reise zum Baikalsee und der Insel Olchon:
- Anreise: Minibus, Marschrutka und Bus nach Olchon fahren am Vormittag regelmäßig vom Busbahnhof Irkutsk nach Chuschir. Fahrpreis Minibus: 800 Rubel, Fahrzeit rd. 5 Stunden inklusive einer “Pinkelpause” und Überfahrt mit der Fähre. Minibusse setzen Fahrgäste bei der Unterkunft ab, rechtzeitig Adresse sagen bzw. vorher aufschreiben.
- Vom Bahnhof zum Busbahnhof in Irkutsk gelangst Du mit der Straßenbahnlinie 4A. Alternativ Straßenbahnlinie 1 oder Bus 80 zum Zentralnyi Rynok (Zentralmarkt) und ca. 10 Minuten zu Fuß gehen. Mehr über Bus und Straßenbahn in Irkutsk hier.
- Rückfahrt Chuschir – Irkutsk um 8, 10, 13, 15, 17 Uhr direkt vor der Tourist-Info in der In der Baikalska Uliza. Tickets können vorreserviert werden. Abseits vom Fahrplan werden weitere Reisemöglichkeiten auch von Unterkünften angeboten.
- Unterkünfte findet man mittlerweile einige über Buchungsplattformen. Ich habe mich im Oasis Inn* bei familiärer Atmosphäre sehr wohl gefühlt.
- Abendunterhaltung und Einblicke in die Kultur bietet Nikita Bencharov. Das gemütliche Resort mit Restaurant liegt am oberen Ende der Uliza Lenina.
- Kleine Geschäfte bieten eine Grundversorgung mit Getränken, Lebensmitteln und Produkten des täglichen Bedarfs. Auch eine Apotheke befindet sich in Chuschir (Baikalska Uliza).
- Die Gastronomie beschränkt sich auf eher einfache Restaurants und Bars. Sehr gute Russische und Burjatische Küche habe ich im Cafe Umka (Кафе Умка) in der Uliza Lenina (Lenin Street) entdeckt. Der Name des kleinen Gasthauses ist nicht angeschrieben – unter dem Dachgiebel steht mit gelben Buchstaben auf rotem Untergrund русская кухня (Russische Küche).
- Kleidung in mehreren Schichten ist zu empfehlen. Auch im Sommer gibt es große Temperaturschwankungen. Die Nächte können kalt werden und es weht manchmal ein eisiger Wind.
- Weiteres, leicht zu erreichendes, Ziel ab Irkutsk am Baikalsee ist Listwjanka. Außerdem lohnt die Fahrt entlang der alten Circum Baikal Bahn.
Flo says
Sehr eindrucksvolle Bilder aus Olchon, die du uns da mitgebracht hast, Gerhard! Ob am Schamanenfels wohl auch geklettert werden darf? Ich fürchte ja, eher nicht?! Schaut jedenfalls sehr “einladend” aus :) Schade, dass es mit deinem Tauchgang nicht geklappt hat. Viel Glück für deinen nächsten Versuch!
Lieben Gruß aus der Heimat,
Flo
Reiseblognews says
Super schöne Bilder!! und unglaubliche Fakten! Über 1,5 km tief? Das kann man sich gar nicht vorstellen!! Und 1/5 der weltweiten Süßwasserreseverven? Das dürfte in Zukunft wichtiger sein, als viele andere Rohstoffe… danke für den ganzen Input. Sehr spannend!!
Alex says
Schöner Ausblick, klasse Wildwest-Flair und zum Schluss auch noch einmal den Baikalsee im Winter. Danke für die tollen Einblicke und im Februar dann hoffentlich besseres Wetter, damit du den Baikalsee auch aus der Tiefe erkunden kannst.
Martina says
Lieber Gerhard,
ich verfolge Deine Reise mit großem Interesse. Sprichst Du eigentlich Russisch oder kommt man mit Englisch durch? Russland ist urlaubsmässig nicht ganz meine Richtung. Ich kenne “nur” St. Petersburg im Winter, was herrlich war. Nach Sibirien und an den Baikalsee würde ich auch gerne mal reisen. Und nach Kamtschatka … wenn Du mal dorthin eine Reise planst, sag Bescheid. Da würde ich mitkommen!
Viele Grüße
Martina
Andersreisender says
– Flo: Hmm… vom Klettern am Schamanenfels wird Dich wahrscheinlich niemand abhalten – aber ob es die Burjaten gerne sehen? Nachdem das ganze Gebiet ein religiöser Ort ist würde ich es nicht machen. Es gibt allerdings andere Möglichkeiten zum Klettern auf der Insel, soll aber nicht ganz ungefährlich sein.
– Reiseblognews: Gerne!
– Alex: Jaa, drücke mir die Daumen, dass ich das Eis im Winter von unten ansehen kann. :-)
– Martina: Ach ja… Kamtschatka wäre auch noch was! Steht aber derzeit leider nicht auf meiner Reiseliste. Ich freue mich trotzdem, dass Du bei meiner Reise durch Sibirien und noch ein Stückchen weiter mit dabei bist. Ich spreche nur ein paar Brocken Russisch – so viel, dass ich nicht verhungere und mir Tickets kaufen kann. :-) Die kyrillischen Schriftzeichen habe ich intus, das hilft sehr. Mit Englisch kommt man immer besser durch. Da hat sich in den Städten, seit meinem letzten Besuch vor 7 Jahren, viel getan. Auf der Insel Olchon muss man eher mit “Händen und Füßen” sprechen.
Gudrun Krinzinger says
Aber wenn Du bis zum Winter mit dem Tauchen wartest, ist dann der See nicht zugefroren?
Andersreisender says
– Gudrun: Ja, das ist richtig. Im Winter ist der See meterdick zugefroren. Um Tauchen zu können wird ein Loch in die Eisdecke geschnitten. Die Eisformationen unter Wasser sollen sehr beeindruckend sein. :-)
Melanie says
Puh, wie kalt ist denn dann im Winter zum Tauchen? Kann mir gar nicht vorstellen, wie dick so ein Drysuit bei der Kälte sein muss. :-)
Andersreisender says
– Melanie: Das Wasser hat um die 0 Grad. Die Trockentauchanzüge sind eigentlich nicht dick. Es gibt verschiedene Arten davon. Das eigentlich wärmende ist der Unteranzug, der ähnlich wie ein Skioverall aussieht.
S. Flink says
Ich finde auch – sehr beeindruckende Bilder, und auch die Fakten sprechen für sich !
Peter Umfahrer says
Hallo Gerhard!
Habe Deinen Bericht gelesen – äußerst interessant muss ich sagen.
Ich bin seit über 32 Jahren als Naturfotograf tätig und möchte heuer erstmalig Ende März zum winterlichen Baikal-See reisen.
Wollte Dich daher fragen, was Du mir fotografisch empfehlen kannst bzw. welche Agentur in Irkutsk für mich interessant wäre??
Danke für Deine Rückmeldung
lg
Peter
Andersreisender says
– Peter: Ich bin mit der Kamera meist individuell unterwegs, einfach der Nase nach. So habe ich es auch am Baikalsee gehandhabt. :-)
Siegfried says
Hallo Gerhard,
deine Infos und Bilder sind Klasse. Ich habe nächstes Jahr vor zum Baikalsee mit dem Pkw zu fahren. Da kann ich die Infos gut nutzen. Mein Ziel ist die Insel Olchon und auch die Stadt Chuschir kenne sie aber mit der Schreibweise Khuzhir, russisch wird sie eh einheitlich geschrieben und gesprochen. Ich werde über 2 Monate unterwegs sein und hoffe, dass mir Corona keine Strich durch die Rechnung macht. Wie lange bist du immer unterwegs? Wie machst du es mit dem Visum, wenn du länger als ein Monat in Russland bist?
lg Siegfried
Andersreisender says
Chuschir ist für die Ortschaft die Schreibweise mit Übersetzung bzw. Transliteration ins Deutsche, Khuzhir ist die Englische Schreibweise. Diese Unterschiede in der Schreibweise findest Du häufig. Bei längerer Reisezeit als einem Monat ist ein klassisches Touristenvisum für Russland nicht möglich. Du musst dann z.B. auf ein Business Visum zurückgreifen.