„Auf Schienen durch das alte Österreich“* von Johannes Sachslehner weckt Erinnerungen an die K. u. K. Eisenbahnwelt. Das neu erschienene Buch entführt Eisenbahn- und Reisebegeisterte in die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn und deren tausende Kilometer langes Eisenbahnnetz. Ich habe für Euch einen Blick ins Buch und in die spannende, längst versunkene Eisenbahnwelt der k. u. k. Monarchie geworfen.
„Schon wirbelte hoch auf der Rauch aus der Maschine und die Kolonne setzte sich eben in Bewegung, als ich den Damm betrat. Die schöne Lokomotive „Austria“ aus der Kunstwerkstätte Stephensons in New-Castle führte die acht Wagen im raschen Fluge dahin auf der Bahn.“
So beschreibt Franz Carl Weidmann in seiner Reportage für die “Wiener allgemeine Theaterzeitung” die Probefahrten der Dampfzüge auf der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn. Am 23. November 1837 fuhren um 10, 12 und 14 Uhr von Wien Floridsdorf die ersten Züge nach Deutsch-Wagram ab.
Inhalt:
Ab 1837 dampft es in Österreich
Mit den Probefahrten wurde das Dampfeisenbahn-Zeitalter in Österreich eingeläutet. Anfang 1838 fuhren die Züge vom ersten Nordbahnhof in der Nähe des Pratersterns ab, im Juli 1839 erreichte die Strecke bereits Brünn.
An eine Fahrkarte von Wien nach Brünn zu kommen war damals ein bürokratischer Akt und der Bau der Eisenbahn war nicht jedermanns Liebkind. Die ersten Eisenbahnunglücke der Österreich-Ungarischen Geschichte schadeten, zur Freude der Gegner, dem Ansehen der Bahn. Der schadenfrohe Wiener Volksmund prägte das Wort von der „Kaiser Ferdinands-Mordbahn“.
Das Schienennetz wuchs, trotz der Rückschläge, von Wien aus in alle Himmelsrichtungen weiter und machte Österreich-Ungarn zu einem der führenden Eisenbahnländer des alten Europas. Am “Hauptstationsplatze” in Wien fuhren die, nach Englischem Vorbild bezeichneten, „Trains“ Richtung Süden ab. 1841 bis Wiener Neustadt, im Mai 1842 dampfte der erste Personenzug bis Gloggnitz.
Mit dem Ausbau des Schienennetzes wurden Eisenbahnreisen zum Vergnügen immer beliebter. Bei Lustfahrten und in Vergnügungszügen konnte man sich dem Genuss des „pfeilgeschwinden Dahingleitens“ und dem Rausch der Geschwindigkeit hingeben und aufs Land entfliehen.
Reisegefühl und Reisekultur in der K. u. K. Zeit
Ausflugsfahrten führten nach Gänserndorf oder Lundenburg auf der Nordbahn, auf der Südbahn ab 1841 Richtung (Wiener) Neustadt „mit ihren Umgebungen“ und, als Nonplusultra, ab 1854 die Fahrten über den Semmering. Zu den Klassikern der Eisenbahnreisen im alten Österreich gehörte auch die Reise über die alte Pferdeeisenbahnstrecke nach Gmunden und weiter zur Sommerfrische nach Bad Ischl.
Die Bahnreisen führten immer weiter und bald über die schwarz-gelben Grenzbalken hinaus. Am 1. Oktober 1860 wurde von der Kaiserin Elisabeth-Bahn erstmals ein Vergnügungszug von Wien über Salzburg und München nach Paris organisiert. Zwei Jahre warben Plakate für ein “exquisites Reise-Erlebnis” per Eisenbahn nach Paris und London.
Die Eisenbahn brachte Fernreisende auch nach Österreich. Ein gewisser Thomas Cook im Englischen Leicester organisierte internationale Eisenbahnrundreisen, erstmals konnte über den Reiseveranstalter auch Hotels in den Zielgebieten gebucht werden.
Bahnreisetourismus und Luxuszüge
1863 organisierte „Thomas Cook & Son“ erste Bahnreisen von England in die Schweiz, 1867 dann auch zum ersten Mal nach Österreich. Bei dichtem Schneefall fuhr die erste britische Reisegruppe über die neu fertiggestellte Brennerstrecke von Bozen nach Innsbruck.
Wer es sich leisten konnte reiste luxuriös durch die Doppelmonarchie. Abseits der Vergnügungsfahrten war die Bahnreise aber ein spartanisches Erlebnis.
Heutige Standards wie Beleuchtung, Toiletten oder Heizung wurden erst im Laufe der Jahrzehnte in den Zügen eingeführt. Speiswagen waren erst nach 1880 in den Luxuszügen üblich.
Im neuen Buch „Auf Schienen durch das alte Österreich“ von Johannes Sachslehner versinken Leser in die Eisenbahnwelt der „alten Kaiserzeit“. Von den Anfängen der Eisenbahn bis zu den Luxuszügen des 20. Jahrhunderts wird die Eisenbahngeschichte und ihre Entwicklung gezeigt.
Bahnreise in eine versunkene Zeit
Viele Bilder, Detailinformationen und Anekdoten bekannter Zeitzeugen machen Lust auf eine Bahnreise in die Vergangenheit.
Sachslehner lässt das Reisegefühl und die Reisekultur einer versunkenen Zeit noch einmal auferstehen und zeichnet ein eindringliches Bild des Landes unter dem Doppeladler. Lesenswert, ein Buchtipp nicht nur für Eisenbahn-Fans!
Bibliographische Angaben:
Auf Schienen durch das alte Österreich. Erinnerungen an die k. u. k. Eisenbahnwelt.
Autor: Johannes Sachslehner
Erscheinungsjahr: 2014
Seitenzahl: 240 Seiten
Format 20 x 28 cm
Einband: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-222-13481-4
Verlag: Styria premium
Das Buch ist z.B. hier erhältlich*
Dankeschön an Styria Books für ein zur Verfügung gestelltes Rezensionsexemplar.
Markus says
Sehr interessanter Artikel!
Man sieht wie sich die Zeiten geändert haben und was uns heute selbstverständlich erscheint war keineswegs immer schon so…!
Liebe Grüße
Markus