“Bus 28” steht auf meinem “Transporter”, er bringt mich holpernd vom Newcastle der Gegenwart ins Beamish vom 4. Juli 1913. Eine Reise in die nordenglische Vergangenheit.
“Beamish Town” ruft der Straßenbahnschaffner währen der Fahrer die gelbe Straßenbahn zum stehen bringt. Doppelstöckig, im ersten Stock mit Cabrio-Gefühl, wurde sie erst vor wenigen Jahren gebaut. 1901 war das Modell Standard und an einem sonnigen Tag habe ich gegen eine Fahrt im sonnigen 1. Stock auch gar nichts einzuwenden.
Trotzdem muss ich raus, denn von hier heroben habe ich im Beamish Village eine Süßwarenhandlung entdeckt.
Vor meiner Abreise hatte ich Schriftstellerkollegen per elektronischem Gesichtsbuch-Telegramm versprochen, Schokolade mit ins “alte Europa” zu bringen.
“Cadbury’s Schokolade” soll es sein. Aber an ein Betreten des Geschäftes ist kaum zu denken. Jede freie Ecke des Ladens ist von Schülern belagert.
Kein Wunder, gibt’s hier selbst produzierte Drops und Candies. Der Produzent in der Backstube macht mir weise, es seien die besten weit und breit.
Ich beschließe erst einmal einen Schaufenster-Bummel zu machen, die Lage im Süßigkeiten-Laden wird sich bestimmt wieder beruhigen.
Eigentlich gibt’s hier alles was der moderne Mensch im Jahr 1913 als Grundausstattung braucht.
Ein Wäschegeschäft, Lebensmittel-Laden, Gemischtwaren und sogar eine Bank. Schade, dass ich meine alten Shilling- und Pence Münzen zu Hause gelassen habe, hier hätte vielleicht jemand etwas damit anfangen können.
Als Computer-Fan steuere ich auf das “Hardware-Depot” zu und bin dann beim Anblick von bemaltem Porzellan doch etwas enttäuscht.
Der Begriff “Hardware” wird zu jener Zeit offensichtlich noch etwas anders verwendet.
Dafür glänzt gleich nebenan Chrome in der Auslage. Die neuesten Automobil- und Motorrad-Modelle warten hier auf Kundschaft mit dickem Geldbeutel. In der “Garage” ist es kühl und ruhig. “Hey Jeff, Du solltest besser einen Süßwarenladen aufmachen, dort laufen die Geschäfte wesentlich besser”, meine ich scherzhaft.
Dabei stört den korrekt gekleideten Herren die Ruhe in seiner “Garage” überhaupt nicht. Erst kürzlich machte er hier in Beamish eine “Umschulung” und wurde vom “Fish & Chips Shop” im Bergbauarbeiterviertel hier her versetzt.
“Es sind die besten Fish & Chips der Stadt” beteuert er – dort werde ich wohl Lunchtime machen.
Noch ist es nicht Zeit fürs Mittagessen, auch wenn das Teehaus und der angrenzende Park schon mit schattigen Plätzen für eine Rast locken.
Im zweiten Anlauf hat es dann auch mit dem Schokoladen-Kauf geklappt und ich kann im Bahnhof, gleich neben der Stadt, meine Rückreise planen.
Die Great Northern, North Eastern und North British Railways verstehen es zu kooperieren um den Fahrgästen eine gute Bahnverbindung zwischen Schottland, Nordengland und London Kings Cross durchgängige Verbindungen anzubieten.
Schlaf- und Liegewagen gehören genauso wie Toiletten auf der East Coast Route zum Reiseangebot. Ich denke der Rückfahrt erst nach London und dann ins von Kaiser Franz Josef regierte Österreich sollte nichts in die Quere kommen.
Am Veranstaltungsfeld finde ich dann wieder die Jugendlichen aus dem Zuckerlgeschäft.
Die Dampfmaschine wird kräftig befeuert, damit die Pferde des Karussells sich schnell im Kreis bewegen. Das begeistert die Kids, auch die Schiffschaukeln stehen nicht still.
“Queue here” mahnt ein Schild sich brav in einer Reihe aufzustellen. Im Augenblick ist hier aber wenig los, das ändert sich aber schlagartig, wenn Feste gefeiert werden.
Dann kommen auch die Bewohner der nahe gelegenen Bergbauarbeitersiedlung aufs Veranstaltungsfeld, sofern sie von ihrem Knochenjob einmal frei bekommen.
Bei unserer Zeitreise ins Jahr 1913 im Norden Englands entführe ich Euch als nächstes zu den Bergbauarbeitern. Auch dort gibt es einiges zu erleben. Mehr im zweiten Teil meines Reiseberichts aus dem Beamish Open Air Museum in Durham County.
Die Erfahrungen, Tipps und Hintergrundinformationen in diesem Beitrag wurden im Rahmen einer individuellen Presseeinladung des Beamish-Museums recherchiert. Wie immer bleibt meine Meinung in der Berichterstattung davon unberührt.
Alex says
Schön, in eine andere Zeit eintauchen zu können. Vor allem die Läden hätten es mir angetan. Dann bin ich jetzt schon mal gespannt, wenn die Reise zu den Bergbauarbeitern weitergeht. Bis dahin, gute Zeitreise!
Christina says
O__O Oh wow, ist das cool. Da wäre ich sofort dabei und die Kinder im Süßigkeiten Geschäft hätte ich einfach beiseite geschoben: “Weg da, jetzt will ICH SÜßIGKEITEN!!” ;-D
Liebe Grüße
Christina
Andersreisender says
– Alex: Nun bin ich aber neugierig: Welcher der Läden hätte Dich im Beamish Museum denn besonders interessiert? Harware, Wäsche oder doch die Süßigkeiten? ;-)
– Christina: *gg* Das kann ich mir live vorstellen. Aber die waren absolut in der Überzahl. ;-)
Alex says
Na vor allem die Fotos des Lebensmittelgeschäfts und der “Garage”. Ich liebe altes und antikes.
Andersreisender says
– Alex: Die alte Werkstätte war auch wirklich klasse, und auch der Lebensmittelladen. Aufpassen, dass Du Dir bei den alten Waren keine Lebensmittelvergiftung holst. ;-)