Seit 2013 durchzieht Ecuador wieder ein rot-schwarzes Band auf Schienen: Der Tren Crucero fährt von Durán in der Nähe der Küstenstadt Guayaquil bis in die Hauptstadt Quito.
Viele Jahre fuhr auf der rund 400 Kilometer langen Strecke kein Zug, jetzt ist das marode Schienennetz wieder instand gesetzt.
Der Tren Crucero ist nur für Touristen unterwegs. Zur Teufelsnase, hinauf ins Gebirge zum Fuße des Chimborazo (im 1. Teil des Reiseberichts) und weiter entlang der Straße der Vulkane bis nach Quito.
Der höchste Punkt der Schienenkreuzfahrt durch Ecuador ist beim Bahnhof Urbina überschritten und bald erreicht der Zug wieder die Baumgrenze. Ich schäle mich aus meiner Windjacke, es wird zunehmende wärmer. Die Landschaft ändert sich langsam. Erst sind Sträucher und niedrige Bäume zu sehen, in noch tieferen Lagen arbeiten Bauern auf den Feldern.
Wenn sie das Pfeifen der Lokomotive hören beenden sie ihre Arbeit und winken dem Zug nach. Ich kann mich kaum zurückhalten und erwidere den Gruß. Wahrscheinlich bin ich als Kind das letzte Mal so am Zugfenster gestanden und habe stundenlang gewinkt.
An jedem Bahnübergang, bei jedem Haus und auf freier Strecke stehen winkende und fotografierende Menschen. Auf den Tren Crucero ist ganz Ecuador stolz. Lange Zeit fuhren auf vielen Bahnstrecken in Ecuador keine Züge, nun sind sie eine Attraktion.
Am besten winkt es sich von der offenen Aussichtsplattform am Ende des Zuges. Hier haben Reisende einen tollen Panorama-Blick zum fotografieren und filmen.
Aber auch in einem der vier Waggons kann man es sich gemütlich machen und die vorbeiziehende Landschaft genießen.
Jeder Waggon ist in einem anderen Stil gehalten: Vom Spanischen Kolonialstil bis zum letzten Waggon, der im Stil der Ecuadorianischen Küste gehalten ist.
Sechs Mitarbeiter kümmern sich im Zug um die bis zu 54 Gäste, fünf weitere sind für den Betrieb des Zuges zuständig. Getränke, Snacks und Süßes werden in der Bar angeboten.
Die Hauptmahlzeiten essen die Fahrgäste im Restaurant und übernachtet wird nicht im Zug sondern im Hotel.
Bei unserem Mittagsstop im Roka Plaza in Ambato werden wir mit ecuadorianischen und internationalen Spezialitäten verwöhnt.
Danach tauchen wir in Cunchibamba in ein Meer von Rosen ein. Die langen, stacheligen Blumen wachsen auf 2.500 bis 3.000 Metern Höhe in Äquatornähe am besten. Bei „Roses Nevado“ kommen Rosenliebhaber aus dem Staunen nicht mehr heraus.
In 86 Gewächshäusern wachsen die verschiedensten Arten, in 23 werden „Fair Trade Rosen“ gezogen. Rote Rosen sind als Klassiker nicht nur bei Verliebten beliebt, aber es gibt unzählige andere Farben und Farbkombinationen.
Besonders wertvoll sind langstielige Rosen. Die Blumen wachsen hier über zwei Meter hoch. Ich fühle mich wie ein kleiner Käfer zwischen den langen Stängel.
Zwischen 65.000 und 70.000 Pflanzen werden hier pro Tag während der Saison geschnitten und in alle Welt verkauft. In spätestens ein bis zwei Tagen stehen die Rosen nach ihrer langen Reise im Geschäft zum Verkauf.
Ich bin überrascht, dass es in den Gewächshäusern kaum nach Blumen riecht, aber das ist eine Frage der Züchtung. Intensiv riechende Rosen werden zu vielen Produkten weiterverarbeitet. Zum Beispiel Cremes, Essig, Schokolade, Badesalz, Rosen-Marmelade oder Gourmetsalz.
Wie Rosen-Honig schmeckt dürfen wir dann gleich im Zug probieren. Beim Nachmittagskaffee steht ein Gläschen mit der süßen Delikatesse als Souvenir am Platz.
Auf der letzten Etappe drücken ich und die anderen Reisenden sich wieder die Nasen an den Fenstern platt. Auf der rechten Seite taucht ein imposanter, schneebedeckter Vulkan auf: Der Cotopaxi. Er ist einer der höchsten, aktiven Vulkane der Welt.
Die Bewohner von Latacunga haben sich an die gefährliche Nachbarschaft scheinbar gewöhnt, in der Stadt am Fuße des Berges geht das Alltagsleben seinen gewohnten Gang.
Der Tren Crucero rollt langsam in die Stadt und unterbricht auf den Bahnübergängen für wenige Minuten den Abendverkehr.
Für mich ist die Reise im Bahnhof Latacunga zu Ende, es heißt Abschied nehmen. Die anderen Passagiere werden am nächsten Tag den Cotopaxi aus nächster Nähe kennen lernen und fahren im Zug dann weiter bis in die Hauptstadt Quito.
Während meiner eintägigen Reise habe ich viele interessante Menschen kennen gelernt. Aus Deutschland, der Schweiz, Kanada, den USA und aus Asien. Eine bunt gemischte Gruppe, die gerne gemütlich reist und Ecuador aus einer anderen Perspektive entdeckt.
Vom Zug aus lässt sich die Straße der Vulkane vermutlich am entspanntesten bereisen. Viele Eindrücke wie die Teufelsnase, Urbina oder die vielen winkenden Menschen entlang der Strecke, sehen Reisende in Ecuador nur bei einer Fahrt mit der Eisenbahn.
Für einige Reisende ist das Eisenbahn-Abenteuer in Ecuador noch nicht zu Ende. Ich treffe sie wenige Tage später bei der Fahrt mit dem El Tren de La Libertad von Ibarra nach Salinas wieder.
Inhalt:
Tipps für die Reise im Tren Crucero:
Wie läuft eine Reise im Tren Crucero ab?
Der Zug fährt mit beschaulichem Tempo über die neu instandgesetzten Gleise der Eisenbahn Ecuadors. Auf Kapspur (1.067 mm) rollt der Zug dahin und legt immer wieder Stopps bei Sehenswürdigkeiten ein. Im Zug kann man sich frei bewegen und die Reise in den verschiedenen Waggons und auf der Aussichtsterrasse am Ende des Zuges im Freien genießen.
Wie lange dauert die Reise mit dem Tren Crucero?
Die Reise mit dem Tren Crucero ist eine Schienenkreuzfahrt. Die Fahrt von Durán bei Guayaquil bis Quito dauert 4 Tage. Man kann auch Teilstrecken (einzelne Tage) buchen.
Der Zug ist das ganze Jahr in Betrieb. Alle Abfahrtszeiten, Preise finden Interessierte auf der Website von Tren Ecuador, dort kann man die Reise auch direkt online buchen.
Welche Kleidung trägt man im Zug?
Bequeme, warme und windabweisende Kleidung ist für die Reise wichtig, Zwiebellook ist angesagt. In Küstennähe ist es warm, je weiter die Reise in die Anden führt desto kühler wird es. Bei Sonne ist es angenehm warm, bei Wolken wird’s schnell kühl. Sonnencreme, Lippenbalsam und Kappe nicht vergessen, die Sonnenstrahlung ist in der Höhe sehr intensiv!
Wo wird geschlafen und gegessen?
Übernachtet wird in Hotels, zu den Hauptmahlzeiten werden Großteils Restaurants besucht. Im Zug befinden sich keine Küche und auch keine Schlafwagen. Die maximal 54 Passagiere reisen in vier Waggons in unterschiedlichem Stil. Snacks und Getränke sind an Bord, es wird im Zug kein Alkohol ausgeschenkt.
Steckdosen & Internet
Steckdosen mit (für Ecuador unüblichen) 220 Volt Schuko-Stecker sind in den Waggons verfügbar, Mitteleuropäer benötigen im Zug also keinen Adapter. W-LAN ist im Zug nicht verfügbar.
Mein Fazit
Ich war einen der vier Reisetage im Tren Crucero unterwegs: Von Riobamba nach Latacunga, das ist der 3. Reisetag, wenn man von der Küste kommt, und der 2. Reisetag wenn die Schienenreise in Quito startet.
Meine Erfahrungen und der Reisebericht beziehen sich auf diese Teilstrecke. Reisende haben mir sehr begeistert von der Fahrt über bzw. um die Teufelsnase erzählt. Vielleicht werde ich dort ein andernmal unterwegs sein?
Ich empfand die Fahrt mit dem Tren Crucero sehr angenehm, es ist eine schöne Möglichkeit, um das Land und seine Sehenswürdigkeiten kennen zu lernen. Das Personal war sehr aufmerksam, trotzdem war die Reise entspannt. Die Nacht wird in Hotels verbracht, tagsüber bleibt viel Zeit für die abwechslungsreiche Landschaft, die Vulkane und Sehenswürdigkeiten.
Die Erfahrungen, Tipps und Hintergrundinformationen in diesem Beitrag wurden im Rahmen einer individuellen Pressefahrt auf Einladung von Tren Ecuador recherchiert. Wie immer bleibt meine Meinung in der Berichterstattung davon unberührt.
Alex says
Schön, dass die Strecke wieder instand gesetzt wurde, auch wenn es schade ist, dass es nur für die Touristen ist. Schön sah es jedenfalls beim Mittagessen aus. Und dass es in den Gewächshäusern kaum nach Blumen riecht, klingt allerdings komisch.
Danke jedenfalls für den Einblick, interessant – wie immer! ;)
Sabrina (todayis) says
Sehr cool. Diese Zugfahrt würde ich auch gerne mitmachen. Ich liebe Zug fahren sowieso. Da hat man mal Zeit einfach in die Ferne zu schweifen und zu träumen :)
Sonja says
Als Kind habe ich auch sehr gerne den Zügen gewunken. Meine Oma wohnt direkt an den Gleisen (mit genügend Sicherheitsabstand, versteht sich), und ich habe es geliebt, im Garten zu stehen und zu winken.
Ceviche finde ich sehr spannend, ich hab das vor Kurzem erst wieder in einem Video gesehen und würde gerne mal ein authentisches probieren.
Kathrin says
Cool – das war bestimmt eine tolle Reise!
lg kathrin
Andersreisender says
– Alex: Ja, früher waren die Planzüge in Ecuador um einiges abenteuerlicher. Diese Ära ist vorbei, mal sehen was die Zukunft beim Bahnfahren in Ecuador bringt. :-)
– Sabrina: Zugfahrten bieten immer Gelegenheit zum Träumen. :-)
– Sonja: Stimmt – als Kind habe ich das auch gerne gemacht. Beim Spazieren mit den Großeltern, z.B. Was das Seviche betrifft: Da gibt es in Südamerika unterschiedliche Versionen – je nach Land und Region. Aber schmeckt super! Sollen wir einmal einen gemeinsamen Koch-Versuch machen? :-)
– Kathrin: Absolut! :-)