Kratzenden Geräuschen folgt absolute Stille. Die Ohren sind gespitzt. War das der Feind? Oder scharrt nur ein harmloses Tier an der Festungsmauer? Die Horchgänge in der Zitadelle Petersberg in Erfurt sollen die Festung vor Eindringlingen schützen. Angespannt liegt das Ohr der Soldaten an der Steinwand. Gräbt der Feind einen Tunnel wird Alarm geschlagen, um die Zitadelle zu verteidigen. Wie sich die Soldaten in den dunklen Gängen in den Festungsmauern fühlten erlebe ich bei einer „Funzelführung“ in den Horchgängen in Erfurt.
Der Gang führt über unregelmäßige Stufen hinunter zu den Schießscharten. Von hier habe ich einen guten Blick auf die Brücke und das Treiben am Eingang zum Petersberg.
Lachen dringt von draußen durch die schmalen Luken, drinnen ist alles ruhig. Die Schießschartengalerie ist als Horchgang allerdings ungeeignet, sie liegt zu weit über der Erde.
Von hier führt der Gang weiter hinunter zum Mauerfuß der Zitadelle am Petersberg. Dort konnten die Soldaten hören ob der Feind einen Tunnel in die Zitadelle gräbt und so die Festung angreift.
In den Horchgängen wurden Angreifer aufgespürt
Über zwei Kilometer Horchgänge verlaufen innerhalb der Zitadellenmauern. Aus militärstrategischen Gründen sind sie aber nicht überall miteinander verbunden. Der Weg führt ständig bergab, bis ich am Mauerfuß ankomme. Dort halte ich Inne, ich befinde mich jetzt knapp über der Erde. Nur leise Geräusche dringen aus dem Schacht über mir an mein Ohr. Sonst ist es absolut ruhig.
Hier saßen die Soldaten nur mit einer Öllampe im Dunkeln und lauschten angespannt. Wer konzentriert auf ein Scharren an der Wand wartet, dem spielt die Einbildung irgendwann einen Streich. Kratzende Geräusche sind zu hören, wo gar keine sind. Darum saßen die Soldaten immer zu zweit in den Horchgängen, nach einer Stunde kam die Ablösung.
Heute sind die Horchgänge schummrig beleuchtet. Waren Angreifer unter der Zitadelle zu hören wurde über senkrechte Schächte, die wie breite Kamine aussehen, Alarm geschlagen. Außerdem waren sie Notausgänge – für den Fall der Fälle.
Die Soldaten mussten ziemlich sportlich sein um durch die senkrechte Öffnung bis nach oben zu klettern. An der tiefsten Stelle führt die Kletterpartie 18 Meter nach oben, an den Erker der Zitadelle befinden sich die Ausstiege.
Kloster, Stasi und Bunker am Petersberg
Der Petersberg war ab dem 10. Jahrhundert eine geistliche Hochburg, erst 1665 wurde der Grundstein für die Zitadelle gelegt. Und nach dem zweiten Weltkrieg, zu Zeiten der DDR, „horchte“ von hier die Staatssicherheit ins Land. Die kasernierte Volkspolizei und die Nationale Volksarmee waren am Petersberg ebenfalls untergebracht.
Heute ist der Petersberg eines der beliebtesten Ausflugsziele in Erfurt. Die Horchgänge können auch im Rahmen eines Stadtrundgangs erkundet werden. Der Besuch ist abenteuerlich.
Unvorstellbar, dass im zweiten Weltkrieg in den Nischen und Gängen die Menschen Schutz vor Bomben suchten. In einem Luftschutzkeller tropft es von der Decke. Dort, wo sich kleine Stalaktiten gebildet haben, ist die Decke undicht. Ein Bombeneinschlag direkt darüber ist die Ursache. Die Menschen im Bunker kamen mit dem Schrecken davon.
Nach vierhundert Metern führt der Weg über unregelmäßige, hohe Steinstufen wieder nach oben. Bald sehe ich das Tageslicht wieder und höre Musik und das Lachen der Menschen am Domplatz. Von der Mauerkrone lässt sich mein Weg in den Horchgängen gut nachvollziehen.
Die Schächte hinunter zu den Gängen sind heute aus Sicherheitsgründen verschlossen. Der Besuch der geheimnisvollen Horchgänge in Erfurt ist heute ein spannendes Abenteuer, die Soldaten saßen vermutlich höchst angespannt in der Mauer.
Tipps für die Horchgänge in Erfurt
- Im Rahmen einer Sehenswürdigkeiten-Tour durch Erfurt können die Horchgänge am Petersberg besichtigt werden. Tipps und Infos z.B. bei Erfurt Tourismus.
- Eine abenteuerliche Funzel-Tour führt mit kleinen Dynamo-Taschenlampen hinunter in die Gänge und Bunker.
- Trittsicherheit ist bei einer Führung in den Horchgängen wichtig. Der Weg führt über steile Steinstufen.
- 12 Grad beträgt die Temperatur das ganze Jahr im Gangsystem. Warme Kleidung ist für die Horchgänge in Erfurt empfehlenswert.
Warst Du schon einmal bei einer Führung durch die Horchgänge in Erfurt mit dabei? Erzähle uns im Kommentar von Deinen Erfahrungen und Erlebnissen!
Die Erfahrungen, Tipps und Hintergrundinformationen in diesem Beitrag wurden im Rahmen einer individuellen Pressereise auf Einladung von Thüringen Tourismus recherchiert. Wie immer bleibt meine Meinung in der Berichterstattung davon unberührt.
Alex says
Interessante Geschichten die du hier aufgeschrieben hast zum Erfurter Petersberg. Dazu noch schöne Fotos und ja, es ist kein aktualisierter Artikel sondern taufrisch! :D
In diesem Sinne, Dankeschön und weiterhin eine angenehme Vorweihnachtszeit – ganz ohne Scharren und Kratzen! ;)
Andersreisender says
– Alex: Ja, der Petersberg und die Horchgänge in Erfurt sind wirklich sehr spannend. Vielleicht auch für Dich ein spannender Reisetipp für 2018? Ich wünsche Dir auch eine schöne Adventszeit, ein braves Christkind und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Und auch dann gibt’s wieder einmal wöchentlich einen “druckfrischen” Beitrag und auch weiterhin aktualisierte Beiträge zwischendurch, damit die Leser die neuesten Infos für ihre Reiseplanung haben. :-)