Die ersten beiden Tage meines Open Water Tauchkurses auf den Andamanen waren sehr spannend. Das erste Mal unter Wasser zu atmen. Wow… ein ganz besonderes Gefühl!
Am dritten und vierten Ausbildungstag tauche ich unter Aufsicht des Tauchlehrers erstmals tiefer. Noch muss ich mich auf die richtige Tarierung und die technischen Fertigkeiten konzentrieren, aber beim Blick auf die bunte Unterwasserwelt haut es mich fast aus den Flossen.
Kurz nach 7 Uhr ist unser Speedboot startklar. Vier Fun-Diver, unsere Dive-Master, Lehrer, die Boots-Crew sowie Krishan und ich als Tauchschüler sind an Bord. Aufregung und Vorfreude mischen sich auf der Fahrt zum ersten Tauchgang beim South Button. Die unbewohnte Kuppe ist eine der unzähligen, kleinen Inseln auf den Andamanen.
Zwei Tauchgänge in maximal 12 Metern Tiefe werden wir heute absolvieren. Raoul, der Tauchlehrer, bespricht mit uns den Tauchplan und führt mit uns gemeinsam die Checks durch. Mit einem „großen Schritt nach vorne“ springen wir ins Wasser. „OK – bereit zum Abtauchen“. Ich lasse die Luft aus dem Jacket und atme aus. Langsam beginne ich im klaren Wasser zu sinken.
Fische schwimmen um mich herum, dann werden auch die Pflanzen tiefer im Wasser sichtbar. Eine ungewohnte Ruhe umgibt mich, ich atme entspannt. Besonders beeindruckt mich, dass allein durch die Atmung Auf- und Abstieg im Wasser kontrolliert werden. Das erfordert etwas Übung, klappt aber bei jedem Tauchgang besser.
Übungstauchgänge in 12 Meter Tiefe
Der Tiefenmesser zeigt 5 Meter, 6 Meter, 7 Meter. Das Licht ist hier noch sehr gut, die bunten Fische haben kräftige Farben. Mit zunehmender Tiefe verschwinden Farben und das Farbbild verschiebt sich ins Blau.
Noch sind wir auf unsere Übungen und auf das schwerelose Gleiten im Wasser konzentriert. Aber die ersten Eindrücke sind unglaublich. Wäre es möglich, würde ich vor Freude unter Wasser laut jubeln.
Hinter einem Felsen, zwei Meter von mir entfernt, taucht plötzlich ein Napoleon-Lippfisch auf und schaut mich neugierig an. Ich erschrecke kurz, mit einem Meter Länge sieht er auf den ersten Blick bedrohlich aus. Dann bin ich wieder von anderen, bunten Fischen abgelenkt.
Mein erster „richtiger“ Tauchgang vergeht viel zu schnell, nach 42 Minuten tauchen wir wieder an die Oberfläche.
Ich grinse über beide Ohren als ich wieder auf das Boot klettere und kann kaum den zweiten Tauchgang abwarten. Leider verläuft der aber nicht so, wie ich mir das vorstellte. Bevor es richtig in die Tiefe geht, muss ich ihn abbrechen.
Meine Erkältung macht sich jetzt so richtig bemerkbar. Der Druckausgleich ist beim zweiten Tauchgang nicht mehr möglich und ich muss bei meinem Tauchkurs eine Zwangspause mit Ginger-Lemon-Honey-Tea und Medikamenten einlegen.
Drei Tage später wiederhole ich den zweiten Tauchgang bei Nemos Reef und diesmal klappt es wieder mit dem Druckausgleich. Die orangen-schwarz-weißen Clownfische wuseln hier wenige Meter unter der Wasseroberfläche durch die Anemonen.
Am folgenden Tag finden dann die letzten beiden Tauchgänge für den Open Water Tauchkurs statt. Gemeinsam mit Instruktor Manish tauche ich bei den Dive Sites „Parridge“ und „The Wall“ nördlich von Havelock bis in 18 Meter Tiefe.
Beim dritten Tauchgang folgt der Abstieg entlang der Ankerleine. Von Beginn an kann ich im klaren Wasser den Grund in rund 15 Metern Tiefe sehen. Ich habe das Gefühl, als würde ich auf einem hohen Turm stehen, kurz vor dem Absprung.
Ich zögere, ob ich das wirklich möchte. Nachdem ich meinem Körper klar mache, dass es sich nicht um Luft sondern Wasser handelt, klappt es mit dem Absprung. Nach einigen Metern Abstieg an der Leine lassen ich los und schweben über die Unterwasserlandschaft.
Bunte Unterwasserwelt
Ich fliege in die blaue Landschaft regelrecht hinein, die Fische fliegen mit mir. Über mir, seitlich von mir und unter mir. Je tiefer ich eintauche umso größer sind Schwämme und Pflanzen zu sehen. Dann tauche ich gemeinsam mit Manish entlang des Riffs. Wieder überkommt mich das „Wow“ Gefühl.
42 Minuten Tauchzeit inklusive Safety Stop in maximal 18 Metern Tiefe schreibe ich nach der Rückkehr in mein Logbuch.
Mit jedem Tauchgang fühle ich mich vertrauter mit der Technik. Es bleibt immer mehr Zeit, um die Unterwasserwelt zu genießen. Aber jeder Tauchgänge ist mit Übungen gespickt. Wir üben z.B. einen kontrollierten Notaufstieg aus 6 Metern Tiefe.
Kleine Panne mit großer Wirkung
Bei meinem Tauchgang bei der „Wall“ steige ich dann plötzlich unfreiwillig aus rund 10 Metern Tiefe auf. Meine Tarierweste zieht mich immer weiter hoch, Luft ablassen und auch tiefes Ausatmen zeigen keine Wirkung. Ich hasse das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Kaum bin ich an der Wasseroberfläche angekommen lasse ich nochmals die Luft aus meiner Tarierweste und – taraaa – die Reise geht wie gewohnt wieder nach unten.
Bis mich Manish nach dem Tauchgang aufklärt, bleibt mir der Fehler ein Rätsel. Dabei hat mir die Physik in meine Pläne gepfuscht. Es befand sich noch etwas Luft in meiner Tarierweste: Unterhalb von 10 Metern wurde sie durch den Druck des Wassers komprimiert und konnte mich nicht nach oben ziehen. Mit sinkendem Wasserdruck wird die Auftriebskraft der eingeschlossenen Luft immer stärker. Bis zu dem Zeitpunkt, wo ich die Kontrolle verlor.
Ein schlampiger Umgang mit dem Inflator hat zur unwillkürlichen Reise an die Wasseroberfläche geführt, ich war beim Ablassen der Luft nicht ganz senkrecht und blieb eine kleine Menge Luft im Jacket. Was theoretisch klar ist kann man praktisch trotzdem falsch machen. In Gesprächen mit Kollegen komme ich schnell drauf, dass fast jeder schon einmal in dieser Situation war. Kleiner Fehler mit großer Auswirkung.
Nach dem abschließenden, schriftlichen Test und Papierkram wird mir dann mit Händedruck verkündet, dass ich den Open Water Tauchkurs bestanden habe. Künftig darf ich die Unterwasserwelt bis auf 18 Meter Tiefe unsicher machen. Ich freue mich schon auf die nächsten Tauchgänge!
Viel Zeit ist leider nicht mehr auf Havelock, bei den beiden Tauchausflügen habe ich dann meine Kamera mit dabei (Klick aufs Video!).
Tipps für den Open Water Tauchkurs:
- Du willst wissen, ob Dir das Tauchen Spaß macht? Du kannst Tauchen ausprobieren. Bestimmt wird Schnuppertauchen in Deiner Nähe* angeboten.
- Reservezeit einplanen. Wer den Open Water Diver Tauchkurs macht sollte auch etwas Zeit für Unvorhergesehenes einplanen. Z.B. für eine Erkältung oder Erkrankung, die schnell zu einer Zwangspause führen können. Schade, wenn Du den Tauchkurs im Urlaub nicht beenden kannst.
- Der Tauchschein kann bei unterschiedlichen Organisationen erworben werden. Mit dem Ausbildungsstand beim beschriebenen PADI Open Water Diver Tauchkurs sind z.B. SSI Open Water Diver, CMAS * Diver und NAUI Scuba Diver vergleichbar.
- Tauchanfänger sollen sich auf das Erlernen der Fertigkeiten konzentrieren. Darum sind Fotokamera und ActionCam beim Tauchkurs nicht gerne gesehen. Zu Recht, wie ich finde.
- Die Unterwasserbilder im Beitrag stammen alle von Fun-Tauchgängen nach dem Kurs bei den Tauchspots „Dixon’s Pinnacle“, „MV Mars“ und von der „Wall“ in der Nähe der Insel Havelock auf den Andamanen.
- Den Tauchkurs habe ich bei “Barefoot Scuba Diving” absolviert und die Fun-Tauchgänge wurden bei “Barefoot Scuba Diving” und “Ocean Tribes” gebucht. Beide Anbieter kann ich weiterempfehlen.
Mehr über Indien findest Du auf der Übersichts-Seite “Reiseberichte und Reiseinformationen Indien“.
Alex says
Wenn das nicht im Wasser wäre, wäre es sogar auch für mich wunderschön! :D
Danke für die Eindrücke, auch wenn es schade war, dass dich eine Erkältung erwischt hatte.
Andersreisender says
Alex: Durchhalten – es kommen wieder “trockene” Themen im Blog. Ja, die Erkältung war beim Tauchen leider absolut lästig. :-(
Rudolf Brust says
Du hast definitiv Erinnerungen in mir aufgeweckt. Ich hab vor 17 Jahren oder so eher zufällig auf Lombok meinen OW gemacht, ein Jahr später den AOW auf Gili Air.
Anstatt eines Napoleons wars bei mir ein Baby-Weißspitzen Riffhai der auch nicht mehr weg wollte und interessiert zugeschaut hat was ich so mach. Ich hab den Tank in 25 Minuten auf 50 bar gesaugt…
Ein Jahr später hab ich einen Tauchurlaub auf die gebucht und auf dem Rückflug beschlossen alles in D an den Nagel zu hängen. Jetzt bubble ich seit 13Jahren und 3600 Tauchgängen in Südostasien rum. Und wenn ich mal schlecht drauf bin, schnapp ich mir einen Tank und setz mich in 2-3 Meter tiefe neben ein Riff allein in den Sand (bin auch Solo Tauchen zertifiziert), und komm so nach 1.5 bis 2 Stunden “nix tun” mit einem breiten Grinsen aus dem Wasser wie beim ersten Tauchgang.
Für mich gibts keine bessere Therapie gegen schlechte Laune und stinkig sein.
Grüße aus den Philippinen
Andersreisender says
Rudolf: Tauchen macht einfach gute Laune. Egal ob in Europa, auf den Andamanen oder Philippinen. :-)