Im Herbst kann sich in St. Gallen der Nebel ziemlich hartnäckig halten. Er kriecht vom Bodensee herauf und hüllt die Stadt in eine zähe, weiße Dunstwolke. Einzige Möglichkeit der feuchten Luftmasse zu entkommen ist die Flucht nach oben. Ob es mit der Eisenbahn funktioniert habe ich für Euch ausprobiert.
St. Gallen ist ein Verkehrsknotenpunkt, also eine gute Ausgangslage um dem Nebel mit dem Zug zu entkommen. Die Hauptstrecken fallen bei meiner Planung mangels Höhenunterschied aus, da sie hauptsächlich in Tallage verlaufen.
1. Versuch: Die Mühleggbahn
Interessanter erscheinen mir für mein Vorhaben jene Bahnen, die sich rasch den Berg hinauf arbeiten. Vielleicht ist es innerhalb der Stadtgrenzen schon möglich dem Nebel zu entkommen? Also mache ich den ersten Versuch mit der steilsten Bahn in St. Gallen. Die Mühleggbahn fährt direkt vom Stadtzentrum in St. Gallen den Berg hinauf. Bis 1975 war sie eine Zahnradbahn, nun ist sie als Standseilbahn im Fünf-Minuten-Takt unterwegs.
Bis zu 23 % ist die Trasse steil, die Bahn fährt hauptsächlich im Tunnel. 319 Meter ist die Mühleggbahn lang – ob das bereits für einen Blick über die Wolken ausreicht?
Das ernüchternde Ergebnis bei der Bergstation: Nein. Auch hier hängt der Nebel, vielleicht sogar etwas dichter als unten in der Altstadt.
2. Versuch: Die Trogenerbahn
Mein Zweitversuch innerhalb der Stadtgrenzen: Die Trogenerbahn. Die rund 10 Kilometer lange Bahn nach Trogen wird heute von der Appenzeller Bahn betrieben. Vom Hauptbahnhof fahren die Züge über den Marktplatz und weiter zum Spisertor. In der Innenstadt hat die Bahn den Charakter einer Straßenbahn. Ab der Speicherstraße geht’s dann steil bergauf.
Die Haltestelle liegt auf 667 Metern Seehöhe, die Stadtgrenze ist bei der Haltestelle Rank auf 860 Metern Seehöhe erreicht. Das ernüchternde Ergebnis: Auch hier hängt der dichte Nebel.
Die Weiterfahrt bis Trogen würde mich vermutlich auch nicht über die Nebelgrenze hinaus bringen, die Endstation liegt nur 50 Meter höher. Ich muss, um mein Ziel zu erreichen, höher hinaus.
Vermutlich ist die Schweiz das einzige Land in dem Zahnradbahnen in das S-Bahn Netz integriert sind. Die S22 fährt von St. Gallen auf Meterspur nach Appenzell. Kurz nach dem St. Galler Hauptbahnhof beginnt der fast einen Kilometer lange Zahnstangenabschnitt. So kann der Zug die steile Strecke mit 10 % Steigung überwinden. Künftig soll die Steilstrecke umfahren werden und damit den teuren Zahnradbetrieb überflüssig machen, ein neuer Tunnel ist geplant.
3. Versuch: Richtung Appenzell
Der Bahnhof Riethüsli liegt 80 Meter höher als der Hauptbahnhof St. Gallen, wir sind an der Stadtgrenze angekommen. Von Sonne ist hier noch keine Spur, ich muss weiter hinaus. Teufen liegt noch im Nebel, erst bei Zweibrücken, auf 900 Meter Seehöhe, reißt die Wolkendecke auf.
Die Sonne blitzt durch die Nebeldecke und auch am Umsteigebahnhof Gais ist es freundlich hell. Aber auch hier hat es die Sonne schwer sich zu behaupten, Nebelschwaden ziehen über die Wiesen. Richtung Appenzell führt die Bahnstrecke wieder bergab, um noch weiter hinaus zu kommen muss man in Gais Richtung Altstätten umsteigen.
Ab Gais geht die Bahnreise noch mehr als einen Kilometer bergauf. Der Bahnhof Hebrig liegt auf 972 Meter Seehöhe, von hier führt die Bahnstrecke dann ins Rheintal hinunter.
Das Licht wird diffus und der Zug fährt wieder in die weißgraue Luftmasse. Das Appenzeller Land soll ja landschaftlich sehr schön sein, genauso wie die Gegend rund um St. Gallen. Der Spätherbst ist als Reisezeit für Panoramablicke definitiv nicht geeignet. Für den Blick auf die Schweizer Berge muss ich ein anderes Mal wieder kommen.
Tipps fürs Bahnfahren rund um St. Gallen
- Die Trogenerbahn und die Züge Richtung Appenzell fahren mindestens im 30-Minuten-Takt, zur Hauptverkehrszeit teilweise im 15-Minuten-Takt. Die Mühleggbahn fährt ca. alle 5 Minuten.
- Alle Bahnen sind im Verkehrsverbund Ostwind integriert. Bis zur Stadtgrenze kann man sie z.B. auch mit der Tageskarte für St. Gallen (Zone 210) benützen.
- Fahrkarten sind an den Bahnhöfen am Automaten erhältlich. Die Automaten akzeptieren als Währung Schweizer Franken und Euro (Münzen und kleine Scheine).
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