Die Zugreise von Ulaanbaatar (Ulan-Bator) nach Peking bietet während einer Transsib-Resie nochmals einen ziemlichen Kontrast. Wenn Du mit dem Zug von Europa nach China reist ist die Ankunft in Peking am Hauptbahnhof ein ganz besonderes Erlebnis. Ich wurde dort 2009 von meiner Gstfamilie abgeholt. Von der Zugreise durch die Wüste Gobi und weiter nach China liest Du in diesem Reisebericht. Wenn Du aktuelle Reisetipps suchst, dann wirf bitte einen Blick in die Transsibirische Eisenbahn Übersicht.
Donnerstag, 12. Februar 2009
6:50 Uhr – Abfahrt vom Guesthouse zum Bahnhof in Ulaanbaatar. Wir, die heute aus dem Guesthouse nach Peking weiterfahren, sind leider alle auf unterschiedliche Waggons verteilt. Der Betreuer im UB-Guesthouse* hatte Recht: Es sind viele Studenten bzw. Schueler unterwegs – die Ferien in China sind vorbei. Mein 4er Abteil teile ich mit zwei Studenten und einer Studentin bzw. Schuelerin. Alle sind nach Peking in die Schule unterwegs und werden erst wieder zu den Sommerferien nach Ulaanbaatar zurueckkehren. Das Maedchen spricht kein Englisch, die Burschen dafuer umso besser. Sie studieren beide etwas mit Wirtschaft und sind Brueder. Einer der beiden, er heisst Gana, lebte ein halbes Jahr in den USA. Sein Bruder moechte nach der Schule in Grossbritannien weiterstudieren.
Ich habe wieder das obere Bett zugewiesen bekommen und bin der erste im Abteil. So organisiere ich mir gleich den Platz fuer meinen Rucksack unter dem Bett. Ich bin ueberrascht: Zug Nr. 24 nach Peking ist wesentlich besser organisiert als der Moskau-Peking-Express (Zug Nr. 4) unter Chinesischer Fuehrung. Optisch sind die mongolischen Waegen gleich konzipiert wie jene Standardwaegen in Russland und China (alle von der Deutschen Waggonfabrik). Beim Service gibt es aber grosse Unterschiede. Wir bekommen bei unserer Abfahrt kostenlos Tee und Kaffee ins Abtei serviert. Auch ein Handtuch gehoert zum “Servicepack” und auf der Toilette liegen Seife, Klopapier und Desinfektionsmittel waehrend der ganzen Fahrt bereit.
Um 8:05 verlassen wir in gemaechlichen Tempo Ulaanbaatar. Es wird langsam hell und Steppen- sowie Halbwuesten-Landschaft werden sichtbar. Die Landschaft aendert sich staendig.
Fuer 13 Uhr haben wir uns, die Weiterreisenden vom UB Guesthouse, im Speisewagen verabredet. Schliesslich wollen wir gemeinsam die Grosse Mauer besuchen – und das gehoert noch geplant. Zum Pekingenten-Essen konnte ich allerdings bisher noch niemanden fix ueberreden.
Zum Abschied aus der Mongolei gab’s von der super motivierten Kellnerin Nudelsuppe und danach Huhn mit Reis und Ananas. Das haben alle gegessen – weil’s von den 20 Gerichten auf der Speisekarte nur dieses tatsaechlich gibt.
Pappsatt wieder gemuetlich zurueck im Abteil bleibt viel Zeit um die Landschaft zu betrachten und Fotos bzw. Videos zu machen. Wir kommen am Bahnhof Chojr an – ein kleines Staedtchen mitten in der Wueste Gobi.
Eine Station weiter ist etwas Zeit zum Aussteigen und so muss auch unsere brave, russende Diesel-Lok vor die “Linse”.
Das Gesicht der Wueste aendert sich staendig. Mal sieht man unendliche Weiten, mal Huegel, mal wird der Sand feiner, mal sind es grobe Felsbrocken. Nichts und niemand ist zu sehen – ausser selten ein paar Tiere. Eine mehrtaegige Tour durch die Wueste mit dem Jeep kann ich mir nicht vorstellen – ich geniesse den Anblick aus dem bestens geheizten Zug und lasse die letzten Tage in der Mongolei revue passieren.
Nun, wie stellt man sich das Leben dort vor und wie hat sich dieses Land mir praesentiert? Ich war ueberrascht, dass auch am Land viele Holzhaeuser stehen. Ich dachte, hier wird noch das traditionelle Ger bevorzugt. Auch im Tereldsh Nationalpark und im duenn besiedelten Gebiet – also am A**** der Welt – funktioniert das Handy. Strom gehoert ebenfalls zum taeglichen Leben. Es stellt sich die Frage, wie viele Mongolen wirklich noch als Nomaden leben?
Die Mongolen aus der Hauptstadt nutzen Internet, Handy und Computer genau so gern wie wir. Vor allem Jugendliche sind modern gekleidet. Dass es auch viele arme Leute in der Stadt gibt, wird auf den Strassen offensichtlicher als in Russland. Waehrend man mit der “Weltsprache” Englisch in Russland meist auf taube Ohren stoesst, ist man damit in der Mongolei bestens unterwegs. Auch die Speisekarten sind durchwegs in englischer Sprache geschrieben, oft gibt es auch Abbildungen der Speisen dazu. Praktisch, das waere doch auch mal im deutschsprachigen Raum eine gute Idee.
Auffaellig ist auch, dass die Mongolen – im Gegensatz zu der russischen Bevoelkerung – auch in der Oeffentlichkeit laecheln. Man zeigt sich offen und geht auch auf den anderen zu. Uebrigens: Mir ist aufgefallen, dass viele Mongolen blendend weisse, absolut perfekte Zaehne haben. Sind das die “Dritten” oder die “Originalen”?
Waehrend ich ueber die Mongolen nachgrueble, kommen wir auch schon kurz vor 20 Uhr mit etwa einer halben Stunde Verspaetung im Grenzbahnhof Zamen Uud an. Erst Paesse einsammeln, dann kommt der Zoll. Die Zolldeklarationen werden eingesammelt, meine verschwindet kurioserweise in der Jackentasche des Zoellners. Warum nur? Dann bittet er mich meinen Rucksack auszupacken. Wunderbar – der Grausen beginnt. 20 kg Gepaeck in einem Abteil, wo weitere vier Persoenen sitzen, aus dem Rucksack raeumen. Ich starte mit diverser Kleidung und zeige ihm dann meinen Schmutzwaeschesack. Danke – Thema erledigt – ich darf wieder einpacken. Kaum ist alles verstaut, kommt die naechste Kontrolle. Bettfach wieder oeffnen, diesmal werden die Gepaeckstuecke nur abgetastet.
Dann heisst es wieder warten – die fuenf bis sechstuendigen Kontrollen ziehen sich. Ich darf auch nicht in meinem “1. Stock” sitzen und gemuetlich schreiben. Stattdessen fragen mir Gana und sein Bruder Loecher in den Bauch. Was ich in Peking ansehen moechte, was ich von der Wirtschaftskrise und Hitler halte und was ich ueber Mao denke. Ich sage den beiden dann klar, dass ich ueber Politik nicht diskutieren moechte. Ganas Bruder laesst nicht locker und zieht einen Vergleich ziwschen Mao und Hitler. Ich meine, dass man dies so nicht vergleichen koenne und beendete damit das Gespraech. Ich merke, dass die zwei sichtich nervoes sind. Sie haben vor der Grenzkontrolle zwei Kartons mit unbekanntem Inhalt in einem Gepaeckfach verschwinden lassen und mit Decken getarnt.
Dann gibt’s endlich Paesse mit Ausreisestempel neben dem Visum zurueck und wir fahren ein Stueckchen weiter. Nun stehen wir unmittelbar auf der Grenze. Nach einer halben Stunde fahren wir auf Erlian (sprich Arlien), dem Chinesischen Grenzbahnhof zu. Alles sieht gleich ganz anders aus. In der Ferne wird mit Licht gespielt, die ersten chinesischen Schriftzeichen befremden mich. So sehr hatte ich mich an die kyrillische Schrift gewoehnt – nun kann ich nichts mehr entziffern.
Wir fahren am Bahnhof von Erlian ein – alles perfekt gepflastert, sauber, Skulpturen, eine Skulptur der Olympischen Ringe – und ca. 100 Menschen in Uniform die stramm stehen und darauf warten, uns in den naechsten Minuten zu kontrollieren und zu filzen.
Doch es laeuft alles ganz entspannt: Paesse einsammeln – kurzer Blick vom Zoll ins Abteil – Fahrgestelle auf Normalspur wechseln – Paesse waehrenddessen wieder zurueck – und noch eineinhalb Studen auf die Weiterreisen warten. Die beiden Burschen atmen mit einem Stossgebet auf.
Nach dem Wechsel der Fahrgestelle duerfen wir am Bahnhof Erlian aussteigen. Mit kompletter Beschallung werden wir begruesst. Ihr werdet es nicht glauben, welches ach so heimische Musikstueck hier gespielt wird…
Bei der Weiterfahrt meint es die Schaffnerin gut mit uns: Sie heizt den Waggon sehr liebevoll – wir schlafen halb durchgebraten ein…
Freitag, 13. Februar 2009 (oha! Freitag der dreizehnte!!)
Das Brathendl-Feeling treibt mich aus den nicht vorhandenen Federn. Ein Blick durchs Abteilfenster verraet, dass sich die Landschaft wieder veraendert hat. Wir haben bereits die Millionenstadt Datong im Schlaf hinter uns gelassen. Die Landschaft ist karg, kurze Zeit spaeter wird es immer flacher.
10:36 – wir sind in Chjancszyakounan – unser letzter Halt, bevor wir dreieinhalb Stunden spaeter in Peking ankommen werden. Die Passagiere am gegenueberliegenden Bahnsteig werden fuer die Ankunft des Zuges vorbereitet. In der Praxis schlichtet alle 15 Meter ein “gruenes Manderl” die Menschen. Nach einer Minute ist die schoene Reihe aber schon wieder ein wilder Haufen. Sinnlose Arbeitsbeschaffung?
Ich bin ueberrascht, dass sehr viel Industriebetriebe die Umgebung dieser Stadt praegt. Allerdings sehen die Anlagen nicht so schwarz und zum Teil heruntergekommen aus wie in Russland und der Mongolei. Auch die Wohnbloecke sind groesstenteils sauber verputzt und gestrichen. Dann gibt es auch noch die Wohnviertel mit kleinen Ziegelhaeusern. Vom Zug bekommt man einen kleinen Einblick in die “Hinterhoefe”.
Aber auch rund um die Stadt wird viel gebaut. Diese “Baustelle” hat mich dann aber doch etwas ueberrascht.
Im Speisewagen genehmige ich mir gegen 11 Uhr einen Brunch. Die Studentin vom naechsten Abteil leistet mir Gesellschaft. Wir haben uns bereits vorhin, vor dem Abteil, ueber dieses und jenes unterhalten. Eigentlich will ich die Landschaft betrachten und meinen Gedanken nachhaengen – aber OK. Sie heisst Nola (oder so aehnlich) und erzaehlt mir dieses und jenes. Mich interessiert hingegen mehr mein Schweinefleisch suess-sauer (Kosten: 35 RMB inkl. Cola; rund 3,50 Euro inklusive Staebchen)
In unserem Waggon ist es mit Abstand am Heissesten von allen. Endlich werden von der Schaffnerin Fenster geoeffnet. Sehr praktisch, denn wir fahren durch eine sehr reizvolle Landschaft etwa zwei Studen vor Peking und so kann man ein paar schoene Fotos schiessen.
Wir warten auch alle gespannt darauf, dass die Chinesische Mauer in Sicht kommt. Laut Reisefueher* fuehrt die Eisenbahnstrecke darunter durch und dann ein paar Kilometer entlang der Mauer. Pech gehabt. Wir fahren auf einer neu gebauten Bahnstrecke, die leider nicht mehr entlang der Chinesischen Mauer fuehrt. Die Vororte von Peking sind bereits zu sehen.
Puenktlich 14:04 Uhr treffe ich am Pekinger Hauptbahnhof ein. Abschied von den anderen Backpackern – wir treffen uns ja wieder beim Besuch der “Great Wall”. Dann gebe ich telefonisch meinem Gastgeber Yang Ma Bescheid, dass ich gut angekommen bin. Wir haben als Treffpunkt die Station Tian’anmen-Platz der Pekinger U-Bahn vereinbart. Ich verlasse den Hauptbahnhof und stehe auf einem der pulsierenden Plaetze einer Stadt mit rund 16 Millionen Einwohnern…
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Sam says
Telefonisch heisst hier: von einer Telefonzelle aus? Oder hattest du mit europäischer SIM-Karte vom Handy aus telefoniert? Weisst du, ob es möglich ist, an eine chinesischte SIM-Karte zu kommen in Peking?
Andersreisender says
Hallo, Sam! In diesem Fall meine ich mit “telefonisch” mein Handy mit der österreichischen SIM-Karte. Funktioniert einwandfrei, nur SMS hat zwischen Europäischen und Chinesischen SIM-Karten nicht funktioniert. Haben das mit unterschiedlichen Karten ausprobiert. Ich selbst habe keine Chinesische Karte gekauft, aber andere Backpacker hatten eine. Sollte also kein Problem sein und auch die Kosten sollten sich in Grenzen halten. Alles Gute bei der Reise-Vorbereitung!
Sam says
Ist das Telefonieren dort mit heimischer SIM-Karte nicht extrem teuer? (Roaming) Gerade für Datentransfer geht das wohl nicht, gut zu wissen, dass es einige geschafft haben, eine chinesische SIM-Karte zu kriegen (weisst du aber, ob die chinesischen SIM-Karten Datentransfer zulassen?).
Andersreisender says
Ja, das stimmt: Das Telefonieren mit dem Handy kostet einige Euro pro Minute. Ich hatte das Telefon auch nur für Notfälle bzw. eben solche Situationen mit, wo man “schnell mal” telefonieren muß. Ansonsten habe ich SMS genutzt, die sich vom Preis her natürlich auch summieren.
Wegen Daten-Transfer über Chinesische SIM-Karten bin ich leider überfragt. Aber warum nutzt Du nicht einfach W-LAN? In den Hostels wurde das überall angeboten.
Sam says
Natürlich ist WLAN die bessere Variante. Wer weiss, vielleicht kommen wir damit aus, wenn das wirklich überall angeboten wird. Eine SIM-Karte möchte ich aber trotzdem, des Versuchs wegen. Damit die nächsten, die sich diese Fragen stellen, eine Antwort finden :-) und mit meinem kleinen Lenovo-Netbook mit SIM-Karten-Slot wäre es auch ganz cool, von überallher online gehen zu können.
Andersreisender says
Sam, ich sehe schon, Du möchtest es einfach ausprobieren, weil Du Dich mit der Technik gerne spielst :-) Ich denke nicht, dass es ein allzu großes Problem sein wird, eine SIM-Karte in China aufzutreiben.